Klar scheint momentan vor allem eines: Die Erde ist bisher kaum gegen einen Asteroiden auf Kollisionskurs gerüstet. Denn egal welche Abwehrmethode in Frage käme – die Technologien dafür gibt es noch nicht oder sie existieren nur auf dem Papier. Auch ein internationaler Aktionsplan für den Ernstfall fehlt – obwohl eine Abwehr ohne globale Kooperation kaum möglich wäre.
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Eine Frage der Priorität – und des Geldes
Bei den fehlenden Technologien gibt es immerhin langsame Fortschritte. Testmissionen wie AIDA mit der Einschlagssonde DART sind ein erster Anfang, um Methoden zur Asteroidenabwehr zu testen und zu entwickeln. Auch die Detektion von potenziell gefährlichen Erdbahnkreuzern wird vorangetrieben.
Ob aus Plänen und ersten Tests jemals funktionierende Abwehrmaßnahmen werden, hängt jedoch vor allem vom Geld ab: Gerade erst hat die europäische Raumfahrtbehörde ESA ihren Anteil an der AIDA-Mission gestrichen – es muss gespart werden. Inwieweit noch aufwändigere und teurere Technologien realisiert werden, wird daher stark davon abhängen, für wie wichtig und sinnvoll die Regierungen eine Asteroidenabwehr halten.
Problem der Zuständigkeiten und Koordination
In Bezug auf konkrete Aktionspläne sieht es ebenfalls mau aus. Regelmäßige Übungsszenarien, wie sie NASA und die US-Katastrophenschutzbehörde FEMA mit ihren „Tabletop-Exercises“ durchspielen, sind bisher die Ausnahme. Doch die dabei gemachten Erfahrungen könnten entscheidend sein, um offene Fragen und ungeklärte Zuständigkeiten zu erkennen.
„Funktionelle Pläne beruhen normalerweise auf umfangreichen Erfahrungen. Sie entstehen auf der Basis anderer, ähnlicher Ereignisse“, erklärt der Katastrophenforscher Lee Clarke von der Rutgers University. Aber welche Erfahrungen können wir vorweisen, wenn es darum geht, einen Meteoriteneinschlag zu verhindern? Hinzu kommt: Die Zuständigkeiten im Katastrophenschutz sind meist regional und lokal strukturiert. Feste Kommunikationsroutinen oder gar Zuständigkeiten für eine Katastrophe mit globalen Auswirkungen gibt es bisher nicht.
Internationale Komplikationen
Und was ist, wenn es schief geht? Ein kompletter oder teilweiser Fehlschlag hätte nicht nur einen katastrophalen Einschlag zur Folge, er könnte auch die internationale Zusammenarbeit auf eine harte Probe stellen. „Nehmen wir an, der Ground Zero eines Einschlags soll irgendwo über den USA sein. Und die USA startet eine Raumsonde und versucht, das Objekt aus seiner Umlaufbahn zu bringen“, schildert Alan Harris vom DLR. „Was passiert, wenn die Sonde mittendrin ihren Geist aufgibt und das Ground Zero bleibt plötzlich über Russland stehen? Was würden die Russen dazu sagen?“
Solche Möglichkeiten müssen im Vorfeld international diskutiert und abgeklärt werden – das sehen auch die Experten von NASA und FEMA so: „Ablenkungs-Maßnahmen müssen unter internationaler Leitung stattfinden, damit alle am gleichen Strang ziehen“, heißt es im Resümee ihres Tabletop-Exercise von 2014. Aber: „Die US-Regierung sollte auf internationale Kollaboration hoffen, aber auch mit Konflikten rechnen und sich entsprechend vorbereiten.“
Im Übungsszenario haben die Experten den Fehlschlag einer Abwehrmission bereits durchgespielt: Zwar gelingt es, den Asteroiden abzulenken, ein 50 Meter großes Stück bricht aber ab und steuert weiter auf die Erde zu. Für eine kurzfristige Sprengung per Atombombe ist weltweit keine Trägerrakete mehr verfügbar. Damit ist klar: Das Asteroidenfragment wird einschlagen und könnte eine ganze Stadt ausradieren. Für die Katastrophenschützer bleibt nun nur noch, die schlimmsten Folgen durch Evakuierungen zu verhindern….
Nadja Podbregar
Stand: 09.12.2016