Die Weltklimaberichte sind nicht das Werk einzelner Regierungen, Forschungseinrichtungen oder Interessengruppen, sondern beruhen auf der Arbeit von tausenden Wissenschaftlern aus der ganzen Welt. Für die Berichte werden zehntausende von Fachveröffentlichungen ausgewertet, analysiert und zusammengefasst.
Was sind die Themen des Berichts?
Jeder Weltklimabericht – offiziell als Sachstandsbericht (AR) bezeichnet – besteht aus drei Bänden, die jeweils mit einigen Monaten Abstand veröffentlicht werden. Der erste Band, erstellt von der Working Group 1 (WGI), liefert die naturwissenschaftlichen Grundlagen. In ihm werden aktuelle Klimadaten zusammengefasst, Ursachen und Hintergründe für die Klimaentwicklung beleuchtet und Prognosen für die künftige Entwicklung erstellt. Beim aktuellen 6. Weltklimabericht wurde dieser Teil am 9. August 2021 vorgestellt.
Der zweite Band stellt die Folgen des Klimawandels in den Vordergrund. In ihm geht es beispielsweise darum, wie sich Dürren, Hochwasser oder die allgemeine Erwärmung auf die Nahrungsmittelversorgung, die Wirtschaft und die Gesellschaft auswirken. Auch Möglichkeiten der Anpassung werden beleuchtet. Im dritten Band geht es um den Klimaschutz und konkrete Maßnahmen, durch die der Klimawandel begrenzt werden kann. Die Spanne hier reicht von der Bewertung von Einsparpotenzialen bei den CO2-Emissionen bis zum Geo-Engineering. Band 2 und 3 des aktuellen Weltklimaberichts werden im Jahr 2022 veröffentlicht.
Die Rolle des IPCC
Federführend für die Weltklimaberichte ist der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) – der Weltklimarat. Diese 1988 von der Weltwetterorganisation WMO und dem UN-Umweltprogramm UNEP gegründete Institution ist wissenschaftliches Gremium und zwischenstaatlicher Ausschuss zugleich. Seine Aufgabe ist es, das aktuelle Wissen zum Klimawandel zusammenzutragen und damit den Regierungen der 195 Mitgliedsländer eine wissenschaftliche Basis für ihre klimapolitischen Entscheidungen zu liefern.
Der IPCC forscht dafür nicht selbst. Stattdessen werden die Berichte von Fachwissenschaftlern auf Basis schon veröffentlichter Erkenntnisse und Daten erstellt. An einem Berichtsband arbeiten in der Regel 100 bis 250 Forschende als Leitautoren, dazu kommen weitere Experten für spezifische Einzelfragen. Die Leitautoren werden von Regierungen und Beobachterorganisationen vorgeschlagen, die Auswahl erfolgt durch den IPCC. Wichtigstes Kriterium sind die fachlichen Leistungen, außerdem soll das Autorenteam Vertreter möglichst vieler Fachrichtungen innerhalb der Klimaforschung umfassen. Am ersten Teil des aktuellen 6. Sachstandsberichts war ein Kernteam von 234 Wissenschaftlern beteiligt.
Vom Kapitelaufbau zum ersten Entwurf
Als ersten Schritt beschließt das IPCC die Kapitelstruktur des Berichts und damit das Themenspektrum, das abgedeckt wird. Anschließend wird für jedes Kapitel ein Autorenteam zusammengestellt. Diese Teams fassen die wesentlichen Daten und Erkenntnisse ihres Themenbereichs zusammen, als Basis dienten allein für den aktuellen ersten Teil des Weltklimaberichts mehr als 14.000 Fachpublikationen.
„Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die unglaublich vielen Einzelbeiträge am Ende wie Puzzlesteine zu einem Gesamtbild zusammengeführt werden können, das in sich stimmig ist“, erläutert Josef Settele vom Umweltforschungszentrum UFZ, einer der Leitautoren im letzten Klimabericht.
Der erste Entwurf des Berichts wird dann einer ersten Begutachtung durch weitere Wissenschaftler unterzogen. Diese werden nicht ernannt, sondern können sich auf einen öffentlichen Aufruf hin selbst online registrieren. Das stellt sicher, dass keine Auswahl nach Meinungen oder Zugehörigkeiten stattfindet. Weder die Autorenteams noch die begutachtenden Personen werden bezahlt. Die Anmerkungen der Gutachter werden in den Bericht eingearbeitet. Diskrepanzen in den Ansichten, Wissenslücken und Unsicherheiten werden im Bericht vermerkt und sind damit transparent nachvollziehbar.
Vom zweiten Entwurf bis zur Endfassung
Die zweite Fassung des Klimaberichts und ein erster Entwurf der Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger (Summary for Policymakers) geht in eine zweite fachliche Begutachtungsrunde. Parallel dazu bekommen auch Regierungsvertreter Einblick in den Stand der Arbeit und können ihre Kommentare abgeben. Auch diese Anmerkungen werden nun integriert und es entsteht die endgültige Fassung des Sachstandsberichts.
Der letzte Schritt erfolgt im Rahmen einer Plenarsitzung, an der die Leitautoren und Regierungsvertreter der 195 Mitgliedsstaaten teilnehmen. In dieser mehrtägigen Sitzung wird die Zusammenfassung für Entscheidungsträger Zeile für Zeile geprüft und verabschiedet.
Wichtig jedoch: Die Regierungsvertreter haben keinerlei Einfluss auf die Inhalte des Sachstandsberichts. Sie diskutieren und verabschieden nur die Zusammenfassungen. Dabei dürfen Regierungen zwar Formulierungen und Änderungen vorschlagen. Inhaltlich haben aber die Wissenschaftler auch bei diesen Zusammenfassungen das letzte Wort.
Arbeit unter Pandemiebedingungen
Beim aktuellen Weltklimabericht fand die Arbeit der Autorenteams unter erschwerten Bedingungen statt: Statt sich in Arbeitsgruppen und Sitzungen direkt miteinander abzustimmen und Inhalte und Formulierungen zu diskutieren, musste ein Großteil der Arbeit wegen der Corona-Pandemie virtuell abgewickelt werden.
„Die Pandemie, die Lockdowns und die wirtschaftliche Zusammenbrüche kamen auch für uns unerwartet“, sagte IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee zur Eröffnung des Abschlussplenums am 26. Juli 2021. „Aber inmitten dieser Umwälzungen haben die Wissenschaftler ihre Arbeit für den IPCC trotzdem fortgesetzt. Dies erforderte unzählige virtuelle Meetings über Zeitzonen hinweg und brachte erhebliche Beeinträchtigungen der Arbeitsrhythmen und des Alltags mit sich – vor allem in den letzten 16 Monaten, als wir die endgültige Fassung erstellt haben.“