Neben sozialer Isolation kann sich auch gefühlte Einsamkeit negativ auf den Menschen auswirken. Einsamkeit ist für Psychologen ein subjektiver Zustand. Demnach gilt als einsam, wer das Alleinsein als schmerzhaft empfindet oder sich trotz sozialer Kontakte isoliert und nirgendwo zugehörig fühlt.
Doch welche Menschen sind von Einsamkeit betroffen? Und was bestimmt, wer sich einsam fühlt? Dieser Frage sind Ende 2018 Ellen Lee von der University of California in San Diego und ihre Kollegen nachgegangenen. Ihre Studie mit 340 Teilnehmern enthüllte, dass sich überraschend viele Menschen einsam fühlen – und dass dieses Gefühl gehäuft in drei bestimmten Phasen des Lebens auftritt.
Nicht nur die Alten sind einsam
Wenig überraschend liegt eine dieser Hochphasen der Einsamkeit am Lebensende, im Alter von 80 Jahren und mehr. Ein Grund dafür könnte die soziale Isolation vieler alter Menschen sein, die bereits Freunde und Lebenspartner durch den Tod verloren haben. Daneben führen körperliche Beeinträchtigungen dazu, dass Senioren weniger sozial aktiv sind als sie möchten und sich als Folge einsam fühlen.
Aber auch in jungen Jahren gibt es besonders einsame Lebensphasen. So leiden Menschen mit Ende 20 offenbar häufig unter Einsamkeit. In dieser Phase des Lebens kommt es oftmals zu bedeutenden Umbrüchen in den sozialen Beziehungen, zum Beispiel weil die ersten Paare im Freundeskreis Kinder bekommen. Eine weitere sensible Lebensphase ist der Untersuchung zufolge das Alter um Mitte 50 – dann, wenn Kinder das elterliche Nest verlassen und sich die klassische Midlife-Crisis manifestiert.
Optimismus schützt
Andere Studien wie eine repräsentative Stichprobe von über 16.000 Personen aus Deutschland aus dem Jahr 2013 kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Damit scheint sich zu bestätigen: Neben sehr alten Menschen, sind es Menschen zwischen 20 und 30 sowie 50 und 60, die besonders anfällig für Einsamkeit sind.
Doch nicht nur das Alter und die dafür typischen Lebensbedingungen bestimmen das Einsamkeitsrisiko. Es kommt immer auch auf die Persönlichkeit und die individuellen Umstände an. So zeichnet sich ab, dass Alleinlebende tatsächlich anfälliger für Einsamkeit sind. Besser geschützt scheinen aber Personen zu sein, die mental eher positiv eingestellt sind und über eine höhere „Weisheit“ verfügen.
„Das könnte an den Eigenschaften liegen, durch die Weisheit gemeinhin definiert wird: Empathie und Mitleid, eine gute emotionale Selbstkontrolle und die Fähigkeit zur Selbstreflexion können der Einsamkeit effektiv entgegenwirken oder sie sogar verhindern“, erklärt Lee.
Ein vererbtes Gefühl?
Einige Forscher vermuten, dass die Anfälligkeit für Einsamkeit teilweise in unseren Genen verankert ist. Neben einer genetischen Veranlagung scheinen zudem die ersten Lebensjahre prägend zu sein, wie Untersuchungen zur sogenannten Bindungstheorie nahelegen. Demnach fungiert die Beziehung zur Mutter und anderen Bezugspersonen der frühen Kindheit als Vorlage für die Art sowie das Maß an sozialen Kontakten, mit denen wir uns später wohlfühlen.
Klar ist aber auch: Die komplexen Ursachen für Einsamkeit sind längst noch nicht umfassend aufgeklärt.