Schon einmal hat eine Vogelgrippe in Mitteleuropa gewütet. Nicht H5N1, sondern der etwas harmlosere Stamm H7N7 trieb damals von Februar bis Juni 2003 in der Landwirtschaft sein Unwesen. Ausgebrochen war die Epidemie irgendwo in den Niederlanden. Nachdem die Seuche einmal Fuß gefasst hatte, breitete sie sich mit großer Geschwindigkeit immer weiter aus und machte auch vor Ländergrenzen nicht halt. Schon bald waren auch Geflügelzucht- und Mastbetriebe in Belgien betroffen. Zahlreiche Hühnerfarmen wurden rigoros von der Außenwelt isoliert und alle dort lebenden Hühner – insgesamt sind es am Ende rund 25 Millionen – vorsorglich getötet oder starben am Virus selbst.
Quarantäne kann Virus nicht aufhalten
Aus Furcht vor drohenden Exportverboten für Geflügelprodukte versuchten deutsche Politiker und Behörden das Herüberschwappen der Geflügelpest aus den angrenzenden Beneluxländern nach Nordrhein-Westfalen zu verhindern. Doch alle Absperrungen, Quarantäne- und Hygienemaßnahmen hatten letztlich keinen Erfolg. Am 13. Mai 2003 musste die Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere den ersten Fall von Geflügelpest in Schwalmtal (Kreis Viersen) bestätigen. Die Untersuchungen ergaben eindeutig eine Infektion mit dem Influenzavirus vom Subtyp H7 in den Proben – derselbe Erreger, der auch in Niederlanden und Belgien wütete.
Das Landwirtschaftsministerium NRW hatte bereits nach Bekanntwerden des Verdachtsfalles, um den betroffenen Hof eine 20 Kilometer große Pufferzone eingerichtet, in der ein generelles „Stand Still“ für sämtliche Transporte von lebendem Geflügel galt. Trotzdem reagierte die EU prompt und beschlloss ein generelles Exportverbot für Lebendgeflügel und Bruteier sowie Gülle und Einstreu aus NRW. Konsumeier und Geflügelfleisch durften jedoch weiterhin gehandelt werden, es sei denn, sie stammten aus dem direkten Radius von zehn Kilometern um den Betrieb, in dem die Geflügelpest nachgewiesen wurde.
Die strengen Restriktionen griffen: Dem Rest Deutschlands blieb die Vogelgrippe inklusive aller drohenden wirtschaftlichen Folgen erspart. Aus Sicherheitsgründen mussten zwar entlang der Grenze zu den Niederlanden rund 100.000 Tiere wegen der Geflügelpest getötet werden. Die Landwirte bekamen jedoch zumindest den Marktwert der Tiere von der Tierseuchenkasse erstattet.
Ein Toter und zahlreiche Infizierte
Viel dramatischer sah die Situation in Holland und Belgien aus. Dort sprang die Geflügelpest auch auf Menschen über. Bis die Epidemie endlich eingedämmt wurde, hatten sich dort nach Angaben des Robert Koch Instituts in Berlin mindestens 83 Menschen mit dem Erreger angesteckt und litten zum Teil an Bindehautentzündungen oder grippeähnlichen Symptomen. Ein holländischer Tierarzt starb sogar an den Folgen der Geflügelpest. Eine Weitergabe des Erregers an Familienmitglieder und andere unmittelbare Kontaktpersonen konnten die Behörden aber ausschließen.
Die Frage jedoch, die man sich in Deutschland und den Niederlanden stellte lautete: Wie konnte die Vogelgrippe nach Holland gekommen? Für Christian Griot vom Institut für Viruskrankheiten und Immunpropylaxe in Mittelhäusern/Schweiz war der Fall relativ klar. Er hielt es für wahrscheinlich, dass Zugvögel das todbringende Virus nach Mitteleuropa gebracht hatten. Wilde Enten oder Gänse gehören zu den natürlichen Überträgern der Viren, sind aber selbst gegen die Seuche immun. Griot schloss aber auch eine Viruseinschleppung durch länderüberschreitende Tiertransport nicht völlig aus. Woher genau das Virus allerdings stammte, ist bis heute auch für die Forscher unklar.
Stand: 28.10.2005