Kürzlich untersuchte der Sportmediziner Michael Behringer ein vor allem unter Leistungssportlern in den USA verbreitetes Rezept gegen Krämpfe, das unter anderem vom Startup „Hotshots“ vermarktet wird. Das Präparat wurde 2016 von Chemie-Nobelpreisträger Rod MacKinnon entwickelt, um Krämpfe und Muskelkater zu verhindern.

Schärfe und Säure gegen den Krampf?
Der Gründungsmythos der Firma besagt, dass der Neurowissenschaftler und Ausdauersportler mit seinem Freund Dr. Bruce Bean beim Kajakfahren auf hoher See von starken Krämpfen überwältigt wurde. Beide konnten ihre Kajaks kaum in den Wellen halten. Offenbar rettete sich MacKinnon aus dieser gefährlichen Situation, indem er den Essigsud von eingelegten Gurken trank – vermutlich mit dem Gedanken, Elektrolyte aufzufüllen. Doch die Krämpfe ließen wesentlich schneller als erwartet nach.
Wieder in ihrem Institut, suchten die beiden Neurowissenschaftler nach einer Erklärung. Sie entdeckten, dass der saure Sud mit Gewürzen wie Pfefferkörnern und Senfsamen sensorische Nervenbahnen vom Mund bis zum Magen stimuliert. Diese senden Signale an das Rückenmark, was wiederum erregende Impulse an die Skelettmuskeln dämpft. „Die Wahrheit ist, dass Krämpfe durch Fehlzündungen der Nerven entstehen“, heißt es auf der Webseite. Oder noch einfacher: „Es ist der Nerv, nicht der Muskel.“
Kein nachweisbarer Effekt auf die Krampfschwelle
Um die Rezeptoren in Mund und Magen noch effektiver zu reizen, wählten MacKinnon und Bean als Inhaltsstoffe für ihre „Hotshots“ die noch schärferen Inhaltsstoffe von Ingwer, Zimt und extrem scharfen Chilischoten (Jalapeño). Deren Wirkstoff, Capsaicin, ist auch in Pfeffersprays enthalten. „Ich bezweifle, dass es für den Magen-Darm-Trakt eines Marathonläufers bekömmlich ist, so einen Cocktail an der Startlinie zu trinken“, kommentiert der Sportmediziner Michael Behringer.