Das Weltraumteleskop ist im Prinzip ein ganz normales Spiegelteleskop. Seine außerordentliche Scharfsicht und Präzision verdankt es zum einen seiner Position weit über der störenden Atmosphäre, zum anderen aber der geschickten Kombination seiner optischen Instrumente.
Ein Teleskop, viele Augen
Das Bauprinzip von Hubble entspricht dem eines Cassegrain-Spiegelteleskops: Das einfallende Licht wird von dem 2,40 Meter großen, konkav gewölbten Primärspiegel reflektiert und so fokussiert, dass es auf einen gegenüberliegenden, kleineren Sekundärspiegel fällt. Dieser lenkt das Licht durch die zentrale Öffnung im Primärspiegel auf die Brennebene – den Bereich, in dem die optischen Instrumente liegen und die optischen Daten verarbeiten.
Im Gegensatz zu vielen anderen Teleskopen wird bei Hubble nicht zwischen verschiedenen Instrumenten umgeschaltet. Stattdessen erhält bei ihm jedes optische Instrument einen festen Anteil des Lichts – sie können dadurch alle gleichzeitig aktiv sein und so verschiedene Daten des gleichen Objekts zu einem Zeitpunkt sammeln. Gerade dynamische Prozesse wie die Explosion eines Sterns lassen sich so besonders umfassend erforschen.
Der Spiegel
Der Primärspiegel ist das Herzstück des Weltraumteleskops – und war zugleich sein größtes Problem. Um ein scharfes Bild zu liefern, muss die Krümmung des Spiegels perfekt stimmen. Um das zu erreichen, wurde das Spezialglas ein Jahr lang so genau geschliffen, dass seine Oberfläche um nicht mehr als ein 800.000stel von der perfekten Kurve abweicht – würde man den Spiegel auf den Erddurchmesser vergrößern, entspräche das gerade einmal 18 Zentimetern.
Weil das Teleskop bei seinen Wechseln von der Tag- auf die Nachtseite der Erde enormen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist, besteht der Spiegel aus einem Glas, dass sich bei thermischen Veränderungen besonders wenig ausdehnt oder zusammenzieht. Dicke Thermoisolierhüllen sorgen zusätzlich dafür, dass das optische System nahezu konstant auf 21 Grad bleibt. Um die Strahlung möglichst vollständig zu reflektieren, ist der Spiegel zudem mit einer hauchdünnen Schicht von hochreinem Aluminium überzogen. Über dieser liegt eine noch dünnere Schicht aus Magnesiumfluorid, die die Reflexion im ultravioletten Bereich verstärkt.
Hubbles Sehfehler
Ein fataler Fehler ausgerechnet am so wichtigen Primärspiegel drohte das Hubble-Projekt zu beenden, bevor es richtig begonnen hatte: Nach dem Ausbringen des Teleskops im Orbit stellte sich heraus, dass der Spiegel zwar genau, aber leider falsch geschliffen war: Er war um vier Mikrometer zu flach. Hubble hatte gewissermaßen eine Hornhautverkrümmung. Die Abweichung war winzig, sie entsprach gerade einmal einem Fünfzigstel der Dicke eines menschlichen Haares.
Doch das reichte schon aus, um Hubbles Blick zu verzerren, das Licht traf nicht mehr fokussiert auf die Brennebene. Als Folge waren die ersten Bilder des Teleskops unscharf – ein niederschmetterndes Ergebnis. Aber es gab eine Lösung: Hubble bekam eine „Brille“. Ingenieure der NASA entwickelten ein System aus kleinen Nebenspiegeln, die die optischen Abweichungen korrigierten. Allerdings musste das COSTAR (Corrective Optics Space Telescope Axial Replacement) genannte Instrument nun in den Orbit gebracht und am Teleskop montiert werden – keine ganz einfache Aufgabe.
Das Teleskop bekommt eine „Brille“
Für die am 2. Dezember 1993 durchgeführte Service-Mission brachte das Space Shuttle Endeavor sieben Astronauten mitsamt COSTAR, einer neuen Kamera und weiteren Ersatzteilen in die Umlaufbahn. Die Piloten manövrierten die Raumfähre dann so an das Teleskop heran, dass ein Crewmitglied Hubble mit dem Roboterarm des Shuttles einfangen und in der Ladebucht verankern konnte. In fünf Außeneinsätzen bauten die Astronauten dann die „Brille“ ein und ersetzten weitere Bauteile.
Als dann am 13. Januar 1994 die ersten Hubble-Aufnahmen mit „Brille“ veröffentlicht wurden, war die Erleichterung groß: Die Bilder waren scharf, ihre Auflösung exzellent. Heute benötigt das Weltraumteleskop seine Brille längst nicht mehr. Denn die im Verlauf von vier weiteren Service-Missionen installierten neuen optischen Instrumente korrigieren den „Sehfehler“ des Teleskops selbst. Seiner Leistung tut dieser daher heute kein Abbruch mehr.
Nadja Podbregar