Bernard Buigues, Abenteurer und Forscher aus Frankreich, hatte es sich in den schönsten Farben ausgemalt: Kleine Mammuts wollte er züchten, sie aus einem längst verstorbenen Artgenossen klonen. Eine Art „Ice Age Park“ schwebte ihm da scheinbar vor. Da lebende Mammuts bekanntermaßen schon seit Jahrtausenden nicht mehr auf diesem Planeten anzutreffen sind, hoffte er, noch funktionstüchtiges Erbgut in einem Mammut-Kadaver aus dem Permafrost Sibiriens zu finden.
Viel Rummel gab es 1999 um die Expedition des Franzosen. Noch nie zuvor wurde ein Mammut auf so aufwändige Art und Weise geborgen. Buigues, der im gefrorenen Boden der Taimyr-Halbinsel ein komplett erhaltenes Tier vermutete, schnitt einfach einen Erdblock aus dem Boden heraus – einen Klotz von 23 Tonnen – und ließ ihn kurzerhand mit einem Hubschrauber in die 240 km entfernte Stadt Chatanga bringen. Dort kam das Mammut in einen Eiskeller, in dem es Stück für Stück aus seinem Permafrost-Grab heraustauen konnte.
Kritiker bezweifelten von Anfang an, dass es sich um ein vollständiges Mammut handelte. Der Block könne höchstens Teile eines Mammuts enthalten, verlautete es von namhaften Wissenschaftlern. Was sich schließlich auch bewahrheitete.
Doch ungeachtet der Tatsache, dass es sich tatsächlich „nur“ um Teile handelte: Jedes geborgene Mammut ist ein Schatz für Klimaforscher und Paläontologen. Neben Fellteilen, Knochen und organischen Resten im Körper lassen sich Pollen, Samen und sogar noch grüne Pflanzenreste in den Haaren von Mammuts und dem aufgetauten Bodenmaterial finden. Wissenschaftler versuchen, mit der Analyse dieser Funde ein detailliertes Bild des vorzeitlichen Säugetiers und seiner Umwelt nachzuzeichnen. Aufgrund dieser Untersuchungen geht man inzwischen davon aus, dass die Mammuts in einer trockenen, kalten, aber nahrungsreichen Grassteppe lebten. Die heutige karge Tundra wäre als Lebensraum völlig ungeeignet. Selbst wenn das Klonen eines Mammuts also technisch möglich wäre, hätte man ein Tier erzeugt, das seiner Lebensgrundlage entbehrt.
Wie aber kommen die Mammuts überhaupt in den Permafrost? Die bislang geborgenen Tiere sind in der Regel 30.000 bis 50.000 oder 13.000 bis 10.000 Jahre alt. Zu diesen Zeiten herrschte ein relativ mildes Klima, der Permafrost zog sich zurück und große Bodenflächen wurden somit anfällig für Verwitterung und Abtragung. Vermutlich wurden die Mammut-Kadaver von Schlammströmen, die sich bei Unwettern von den wasserdurchtränkten Hängen lösten, verschüttet. Die anschließend hereinbrechenden Kältewellen mit Gletschervorstößen ließen den Boden gefrieren und konservierten die Kadaver mit „Haut und Haaren“. Laut Schätzungen gibt es noch bis zu zehn Millionen Mammuts in den Permafrostböden Sibiriens.
Nur das mit dem Klonen wird wohl nie wahr. Intakte Zellkerne in Kadavern zu finden, die tausende von Jahren im Eis oder Permafrost konserviert wurden, bleibt utopisch. Unter stabilen Bedingungen im Labor ist es durchaus möglich, genetisches Material lange zu erhalten. Doch die Bedingungen in der Natur sind weit entfernt von diesem Optimum. Den häufigen Wechsel von Tau- und Frostwetter überlebt das empfindliche Erbmaterial in der Regel nicht. So fand auch Bernard Buigues nur zerstörte DNA in seinem Mammut, aus der er nie und nimmer einen „Ice Age Park“ zaubern wird. Doch er gibt nicht auf sondern hofft auf den nächsten großen Fund…
Stand: 27.02.2002