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Im Kasten

Der Torwart – eine ganz besondere Spieler-Spezies?

Eine ganz besondere Rolle in einer Fußball-Mannschaft spielt der Torwart. Er hat es wie kein anderer buchstäblich in der Hand, ob sie in einem Spiel Tore kassiert oder nicht. Doch was macht einen guten Torwart aus? Unterscheidet er sich auch neuronal-psychologisch von einem Feldspieler?

Torwart
Torhüter bringen spezielle Fähigkeiten mit – das zeigt sich auch in ihrem Gehirn.© simonkr/ iStock

Doppel-Piep und Bild

Letzteres hat Michael Quinn von der Dublin City University – selbst ehemaliger Torhüter und Sohn eines irischen Nationalspielers – untersucht. Im Fokus der Studie stand dabei das sogenannte temporale Verknüpfungsfenster – die Zeitspanne, in der unsere Wahrnehmung Reize verschiedener Sinne miteinander verschmilzt und verknüpft.

Im Experiment wurden die Probanden – professionelle Torwarte und Feldspieler sowie fußballunerfahrene Kontrollpersonen – zwei gleichzeitigen Reizen ausgesetzt: Sie sahen auf einem Bildschirm ein oder zwei Bilder aufblitzen und dazu ertönten kein, ein oder zwei Pieptöne. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Reizen variierte. Typischerweise tritt bei geringem zeitlichen Abstand eine opto-akustische Täuschung auf: Ertönen zwei Pieptöne, glauben die meisten, zwei Bilder gesehen zu haben, auch wenn nur eines aufblitzte. Diese Täuschung entsteht, weil das Gehirn die unterschiedlichen Reize früh miteinander verschmilzt – das spart geistige Ressourcen.

Die höhere Trennschärfe bringts

Das Interessante jedoch: Profi-Torhüter unterliegen dieser Täuschung weit seltener als „normale“ Spieler und Nichtspieler, wie Quinn und sein Team feststellten. Die Verschmelzung der Sinneseindrücke setzt bei den Torwarten erst bei sehr engen Abständen der Einzelreize ein. Dadurch können sie einzelne Reize trennschärfer wahrnehmen. „Wir denken, dass diese Unterschiede mit der besonderen Rolle des Torhüters zusammenhängen“, sagt Quinn. „Anders als andere Spieler muss er oft schnelle Entscheidungen basierend auf begrenzten oder unvollständigen Informationen treffen.“

Dabei kann es von Vorteil sein, wenn beispielsweise der Anblick des heranfliegenden Balles und das Geräusch des Kickens getrennt verarbeitet werden. Denn aus den subtilen zeitlichen Abläufen und Differenzen kann der Torwart beispielsweise Rückschlüsse darauf ziehen, woher, wie schnell und wohin der Ball fliegen wird., wie die Forschenden erklären.

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Offen ist allerdings noch, ob diese Fähigkeit zur schärferen Reiztrennung angeboren oder erworben ist: Entwickelt sie sich durch das regelmäßige intensive Training? „Oder könnte es sein, dass diese Unterschiede in der multisensorischen Reizverarbeitung eine inhärente, von Natur aus vorhandene Fähigkeit sind, die junge Spieler zum Torwart-Talent machen“, fragt Seniorautor David McGovern von der Dublin City University. Das müsse nun weitere Forschung zeigen.

Elfmeter
Beim Elfmeter muss sich der Torwart schon vor dem Schuss für eine Seite entscheiden – sonst kommt er zu spät.© Dmytro Aksonov/ iStock

Die Angst des Torwarts beim Elfmeter

Der Elfmeter ist die ultimative Bewährungsprobe für den Torhüter. Sein Instinkt und seine Erfahrung entscheiden darüber, ob der Ball ins Netz geht oder nicht. Das Problem jedoch: Bei der Wahl, in welche Ecke des Tores er springt, kann er sich nicht nach dem Flug des Balles richten – denn dann wäre es längst zu spät.

„Nach dem Schuss benötigt der Fußball nur rund 500 Millisekunden, um das Tor zu erreichen“, erklären John van der Kamp von der Freien Universität Amsterdam und seine Kollegen. „Der Torwart braucht aber mindestens 600 Millisekunden, um zu einer Seite zu springen und bis zu 1.000 weitere Millisekunden, um die obere Ecke des Tores zu erreichen.“ Das bedeutet, dass der Torhüter seine Aktion schon vor dem Schießen des Balls beginnen muss. Er kann daher höchsten subtile Hinweise aus dem Anlauf und der Körpersprache des Schützen nutzen, um dessen Intention und Schussrichtung vorherzusagen.

Für den Torwart bedeutet dies eine Zwickmühle: Zögert er zu lange, um die wahrscheinliche Schussrichtung des Elfmeterschützen „auszulesen“, riskiert er, nicht rechtzeitig in die richtige Ecke zu kommen. Springt er hingegen zu früh, fehlen ihm vielleicht wichtige Indizien für die Richtung. Wie erfahrene Torhüter diese Balance erreichen und welche mentalen Prozesse dabei in ihrem Gehirn ablaufen, ist jedoch weitgehend ungeklärt. Hirnforscher kommen nach Studien dazu zu widersprüchlichen Ergebnissen. Das Erfolgsgeheimnis des begabten Torwarts wird demnach noch eine Weile eines bleiben.

Doch Fußball ist ein Mannschaftspiel und das bedeutet: Erst alle elf Spieler zusammen bilden ein erfolgreiches Team. Was aber ist da das beste Rezept?

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Fußball: Das Geheimnis des Erfolgs
Die Wissenschaft hinter Toren, Spielern, Elfmeter und Co

Man nehme…
Was ist das Rezept für einen Topspieler?

Im Kasten
Der Torwart – eine ganz besondere Spieler-Spezies?

Teamplay
Wie sieht die optimale Mannschaft aus?

Der Ball ist rund
Von Nähten, Sensoren und flatternden Flugbahnen

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