Wir befinden uns 800 Meter tief unter der Erdoberfläche. Es ist heiß, stockdunkel und ziemlich eng. Licht und Sauerstoff gibt es nicht, organische Nahrung auch nicht – im Prinzip fehlt es an allem, was das Leben zum Existieren braucht.
Und doch ist die Tiefe nicht tot: Unter Bedingungen, die an der Oberfläche normalerweise zur Sterilisation, zur Abtötung allen mikrobiellen Lebens genutzt werden, hat sich hier eine ganze Lebensgemeinschaft häuslich niedergelassen. Vor allem einfache Bakterien und Archaea erweisen sich als erstaunlich hartnäckig. Sie trotzen Temperaturen von bis zu 113°C, ertragen Drücke von mehr als 1.200 Atmosphären, überdauern in konzentrierter Säure oder Lauge und existieren mehr als fünf Kilometer entfernt von Sonne und Sauerstoff.
Die Extremophilen der Tiefen Biosphäre sind speziell an solche mörderischen Bedingungen angepasst. Für sie ist das Leben unter kilometerdickem Gestein, in giftigen Minenabwässern oder im Eis der Polargebiete Normalität. Milde Temperaturen, Sauerstoff und Sonnenlicht – all das, was wir zum Leben brauchen – wäre dagegen absolutes Gift für sie.
Leben ohne Sonne…
Doch wovon leben diese „Extremisten“? Auch die primitivsten Organismen brauchen schließlich einige Grundbausteine, darunter Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel und einige Metalle, sowie eine Energiequelle zum Überleben. Da das Sonnenlicht, der Energielieferant für alles oberirdische Leben, hier unten ausscheidet, haben die Bewohner der Tiefe keine große Wahl: Sie müssen von dem zehren, was ihre Umwelt ihnen bietet. Und das ist im Extremfall nicht viel mehr als Wasser und das Gestein, in dem sie sitzen.
Die Glücklichsten unter den Untergrundbewohnern sind noch die, die in den oberen Schichten von Sedimenten beispielsweise des Meeresbodens sitzen. Hier finden sich immerhin noch organische Reste oberirdischer Lebensformen, die irgendwann einmal eingelagert wurden. Die in ihnen enthaltenen energiereichen Kohlenstoffverbindungen bauen die Mikroorganismen ab und gewinnen daraus ihre Energie zum Leben.
…und auch sonst mit nicht viel
Eine andere Strategie scheinen dagegen Bewohner von unterseeischem Vulkangestein zu verfolgen, wie Forscher vom Scripps Research Institute in Kalifornien vor einigen Jahren herausgefunden haben. Bei Bohrungen in Vulkanglas – den erstarrten Rändern eines erkalteten Lavastroms im Meer – entdeckten die Wissenschaftler winzige Gänge im Gestein, in denen sich Reste von mikrobieller DNA nachweisen ließen. Offensichtlich hatten sich Mikroben ihren Weg durch das Vulkanglas hindurch gefressen und dabei chemische Energie gewonnen. Wie, ist allerdings ungeklärt.
Noch schwerer haben es die „Untermieter der Erde“ in großen Teilen der kontinentalen Kruste: In dem massivem Granitgestein sind energiereiche Kohlenstoffverbindungen absolute Mangelware. Dafür scheint es aber – zumindest an einigen Stellen – reichlich Wasserstoff zu geben. Möglicherweise, so die Theorie einiger Wissenschaftler, ist die Evolution hier einen alternativen Weg gegangen, bei dem statt Sonnenlicht die Reaktion von Wasserstoff und Kohlendioxid die Basis des Lebens bildet.
Doch ob und wie das tatsächlich geschieht, ist auch hier nach wie vor weitgehend ungeklärt. Hypothesen allerdings gibt es eine ganze Menge…