Gut sehen, schlecht riechen, dafür aber ein körpereigenes Echolot: Die Sinnesorgane der Wale haben eine ganz unterschiedliche Qualität. Vor allem der Orientierungssinn mithilfe des Ultraschalls ist berühmt und beschäftigt die Walforscher schon seit Jahrzehnten. Vergleichbares ist, wenn auch in abgewandelter Form, sonst nur noch von den Fledermäusen bekannt. Dabei ist diese Sinnesleistung, so scheint es, gar nicht mal typisch für alle Cetacea. Nur die Zahnwale haben diese Fähigkeit im Laufe ihrer Evolution entwickelt, den Bartenwalen fehlt sie dagegen völlig oder ist nur schwach ausgebildet.
Dieses perfekt ausgeklügelte und sehr leistungsfähige Unterwassersonar arbeitet nach folgenden Prinzip: Wale stoßen zur Orientierung verschiedene Klicklaute aus, die sehr kurz sind und fast immer oberhalb des menschlichen Hörvermögens liegen. Wie diese Laute entstehen, darüber sind sich die Wissenschaftler nicht einig. Einige halten es für denkbar, dass sie im Bereich der Nasengänge erzeugt und dann von der Melone, einem fetthaltigen Gewebe im Stirnbereich der Wale, gebündelt werden. Andere machen den Kehlkopf und die Schädelknochen für diese Geräusche verantwortlich. Die ausgesandten Klicklaute jedenfalls werden von Objekten unter Wasser zurückgeworfen und dann von den Walen wieder empfangen und gedeutet.
Unterwassersonar im Einsatz
Ziel der vom Hindernis reflektierten Schallwellen sind die Ohren der Wale. Sie liegen völlig vom übrigen Schädel abgeschirmt in schaumgefüllten Kammern im Körperinneren, um ein räumliches Hören zu ermöglichen. Wie die Schallwellen aber dorthin gelangen, ist unter Wissenschaftlern ebenfalls umstritten. Wassergefüllte Minikanäle, leitendes fetthaltiges Bindegewebe oder Schädelknochen – Vermutungen über die ausführenden Organe zur Schalleitung gibt es viele. Ein Beweis für eine dieser Theorien ist aber bisher nicht gelungen.
Da es den Walen möglich ist, die Laute sehr präzise auszurichten und zu bündeln, erhalten sie durch dieses Unterwassersonar sehr genaue Informationen über das „Hindernis“ im Meer. Fischschwärme können so genauso geortet werden, wie mögliche Fressfeinde oder Schiffe.
Wenn die Wale aber über ein derartig leistungsfähiges Ortungssystem verfügen, warum werden immer noch zahllose Delfine als Beifang in Fischernetzen gefangen und an Bord der Schiffe gehievt? Nun, so gut das Unterwasssersonar der Wale auch ist, die dünnen Kunststoffnetze der modernen Industriefischerei entziehen sich sogar diesem natürlichen Detektionsgerät.
Magnetfeld der Erde als „roten Faden“
Wale orientieren sich aber nicht nur mithilfe des Unterwassersonars, sie scheinen auch das Magnetfeld der Erde als „roten Faden“ für ihre Ortswechsel und ausgedehnten Wanderungen zu nutzen. Zumindest verlaufen ihre Züge – so haben die Forscher festgestellt – häufig parallel zu solchen magnetischen Linien. Auch die Massenstrandungen von Walen in bestimmten Küstenregionen werden mit Magnetfeldern in Verbindung gebracht, die senkrecht auf das Festland zulaufen.
So gut der Orientierungssinn der Wale auch funktioniert, andere Sinne haben sich bei ihnen dafür stark zurückgebildet. Riechen können Wale beispielsweise im Gegensatz zu ihren Urahnen heute nicht mehr. Das Sehen dagegen funktioniert, sowohl über als auch unter Wasser, noch immer recht gut. Die Tränendrüsen arbeiten dabei mit einem besonderen Trick, um die Augen vor dem Salzwasser zu schützen: Sie sondern ein wasserabweisendes, stark fetthaltiges Sekret ab.
Berühmt geworden sind die Wale durch ihre unnachahmlichen Gesänge. Besonders der Buckelwal tut sich dabei hervor. Mehr als 30 Minuten lang am Stück kann er seine zumindest für Artgenossen betörende Stimmakrobatik erklingen zu lassen – ohne zwischendrin Luft zu holen. Möglich wird dies dadurch, dass die Luft nach dem Vorbeistreichen am Kehlkopf den Körper der Tiere nicht verlässt, sondern quasi „recycelt“ wird und immer wieder benutzt werden kann. Aufgabe der Gesänge ist es, Stimmungen, Kontaktwünsche und Warnungen mit den Artgenossen auszutauschen.
Stand: 07.05.2004