Sie soll endlich das Rätsel der solaren Koronaheizung lösen: die NASA-Raumsonde Parker Solar Probe. Als erstes menschengemachtes Gefährt überhaupt wird sie der Sonnenoberfläche bis auf 6,2 Millionen Kilometer nahekommen und damit weit in die Sonnenkorona eintauchen. Dadurch kann sie die Vorgänge in der Korona dort beobachten und messen, wo sie stattfinden.
Die Raumsonde wird dafür die Sonne im Laufe der nächsten sieben Jahre mindestens 24 Mal auf elliptischen Orbits umrunden und sich ihr dabei immer stärker annähern. Um der enormen Schwerkraft der Sonne zu entgehen, beschleunigt sie auf fast 700.000 Kilometer pro Stunde. Den Schwung dafür holt sich die Sonnensonde durch sieben nahe Vorbeiflüge an der Venus, sogenannte Gravity Assist Flybys.
Vorstoß in unerforschtes Gebiet
Mit ihrem Flug in die Korona wird die Parker Solar Probe in eine entscheidende, aber bisher kaum erforschte Region des Sonnensystems vorstoßen. Denn dort manifestiert sich das solare Magnetfeld, sie prägt die Strahlenemission der Sonne und in ihr wird der Sonnenwind auf fast drei Millionen Kilometer pro Stunde beschleunigt. In der solaren Atmosphäre haben zudem die Sonnenstürme ihren Ursprung – Ausbrüche von Plasma und Strahlung, die im Extremfall irdische Funkverbindungen und Stromnetze lahmlegen und Satelliten schwer beschädigen können.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dabei neue Phänomene entdecken werden, von denen wir bisher noch gar nichts wissen“, sagt Nour Raouafi vom Projektteam der Parker Solar Probe. So vermuten einige Wissenschaftler, dass das solare Plasma in diesem Gebiet dünnen, schleierartigen Fäden ähnelt – ähnlich den Cirruswolken auf der Erde. Möglich wäre aber auch, dass das Plasma der Korona in dicken, massiven Strängen ins All hinausragt.
Am Ort des Geschehens
Bisher lassen sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Korona nur indirekt ermitteln – über den Sonnenwind. Dieser besteht aus Strahlung und Teilchen, die von der Korona aus bis zur Erde geschleudert werden. Doch bis diese Koronaausläufer bei uns ankommen, sind sie durch Wechselwirkungen mit dem interplanetaren Raum und den magnetischen Schutzschilden der Erde bereits stark verändert.
Die NASA-Forscher vergleichen dies mit dem Versuch, die Geologie eines Berges anhand der Sedimente zu verstehen, die tausende Kilometer von ihm entfernt in einem Flussdelta angespült werden. Mit der Parker Solar Probe haben sie nun die Möglichkeit, sozusagen bis an den Hang des Berges vorzudringen. „Wir haben die Chance, unser Thermometer direkt in die Korona zu halten und vor Ort zu beobachten, wie dort die Temperaturen ansteigen“, sagt Nicholeen Viall vom Goddard Space Flight Center (GSFC) der NASA.
Auf einigen ihrer Orbits wird die Parker Solar Probe zudem ihren Flug so anpassen, dass sie quasi im Gleichtakt zur Rotation der Sonne fliegt. „Die Sonde wird dann ko-rotieren und die Sonne in der Zeit umrunden, die diese für eine Umdrehung benötigt“, erklärt Eric Christian vom GSFC. „Das wird ein wichtiger Teil unserer Forschung. Denn indem wir über dem gleichen Fleck verharren, können wir die Entwicklung des Aufheizens mitverfolgen.“
Nadja Podbregar
Stand: 10.08.2018