Europa im Zeitalter der Jungsteinzeit, vor gut 7.000 Jahren, war vor allem eines: ziemlich leer. Die waldreichen Landschaften zwischen Meer und Alpen waren nur dünn besiedelt, die steinzeitlichen Ackerbauern lebten meist entlang der fruchtbaren Flusstäler. Einzige Zeugnisse ihrer Kultur, abgesehen von Werkzeugen, Feuerstellen und Resten von Behausungen, sind Keramikgefäße mit charakteristischen Bändermustern. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen gaben diese Bandkeramiker nur mündlich an ihre Kinder weiter. Eine Schrift kannten sie nicht.
Und auch 3.000 Jahre später, im Europa der Bronzezeit, sah es kaum anders aus: Zu einer Zeit, in der die Hochkulturen Babyloniens und Ägyptens bereits ganze Bibliotheken von Tontafeln und Schriftrollen ansammelten, bevorzugten die Germanen und Kelten nördlich der Alpen noch immer die mündliche Überlieferung. Schrift spielte bei ihnen keine große Rolle – zum großen Leidwesen der heutigen Archäologen und Historiker. Denn ohne solche Zeugnisse, ohne die Aufzeichnungen von Geschichtsschreibern, Priestern oder andere Schriftkundigen bleibt uns das geistige Leben dieser Völker weitestgehend verborgen. Und das gilt in weiten Teilen auch für ihr astronomisches Wissen.
Auskunft darüber erhalten Archäoastronomen meist nur indirekt, über die „stummen Zeugen“ dieser Zeitalter, über Bauwerke, Gräber oder Gegenstände. Stimmt die Ausrichtung eines Hügelgrabs oder einer Steinreihe mit wichtigen astronomischen Konstanten überein? Stellt eine Felszeichnung vielleicht nicht nur eine Jagdszene dar, sondern ein Sternbild oder anderes kosmisches Phänomen? Über solchen Fragen brüten die Wissenschaftler, immer auf der Suche nach einem Schlüssel, einem Einblick in die Welt unserer Vorfahren.
Entsprechend lückenhaft und widersprüchlich sind auch die Ergebnisse. Zu den „Stars“ unter den prähistorischen Funden und Bauwerken wie beispielsweise die Steinkreise von Stonehenge existieren heute fast ebenso viele unterschiedliche Interpretationen wie es Archäoastronomen gibt.
Zumindest über einen Punkt sind sich die Wissenschaftler jedoch weitgehend einig: Spätestens mit dem Beginn des Ackerbaus vor rund 7.000 Jahren müssen unsere Vorfahren zumindest ein rudimentäres astronomisches Wissen besessen haben. Denn im Gegensatz zu den Jägern und Sammlern waren sie von den Zyklen der Natur abhängig, durften die richtigen Zeitpunkte für Saat und Ernte nicht verpassen. Die auffälligen Gesetzmäßigkeiten von Sonnenlauf und Mondphasen bildeten daher vermutlich in nahezu allen frühen Kulturen die erste Grundlage für Orientierung, Zeitrechnung und die Markierung besonderer Zeitpunkte.
Stand: 01.02.2008