Wenn das Land sich in Wüste umgewandelt hat, dann ist es meist schon zu spät, um den Prozeß noch umkehren zu können. Um das Land zu retten, muß eine Desertifikation deshalb schon im Beginn erkannt und bekämpft werden. Doch wie ist Desertifikation zu erkennen? Die Indikatoren für eine Desertifikation werden in vier Gruppen eingeteilt, je nachdem ob die Veränderungen an der Vegetation, dem Wasserhaushalt, den Bodeneigenschaften oder der Oberflächengestalt zu beobachten sind.
Vegetation
Desertifikation kann man am deutlichsten an einer zunächst teilweisen Zerstörung der Pflanzendecke erkennen. Die Vegetationsdecke ist flecken- bis flächenhaft zerstört, denn Desertifikation geht nicht, wie man sich das oft vorstellt, „auf breiter Front“ vor, sondern fleckenweise, wie eine Hautkrankheit. Trockengebiete haben normalerweise eine Bodenbedeckung von 20-40 Prozent, was einen ausreichenden Schutz gegen die Prozesse der Bodenerosion bietet. Durch Desertifikation wird dieser natürliche Schutz erheblich vermindert.
Von der Degradation sind zuerst anspruchsvolle und demnach unter diesen extremen Bedingungen schwächer konkurrenzfähige Arten betroffen. Ihr Standort wird in der Folge von trockenresistenteren, extrem widerstandsfähigen Arten eingenommen, die ursprünglich ihre Verbreitung in benachbarten, arideren Zonen haben. Betroffen sind sowohl die in Trockengebieten normalerweise vorherrschenden Gräser, Kräuter und Sträucher als auch der darin enthaltene Baumbestand. Eine einst vorhandene Trockensavannenvegetation, die durch Brandrodung zerstört wurde, erkennt man an den nur noch vereinzelt vorhandenen „Baobabs“, den feuerresistenten Affenbrotbäumen, zwischen den ebenfalls feuerunempfindlichen Akazien.
Wasserhaushalt
Ist die Gras-, Kraut- und Strauchschicht zerstört, verdunstet mehr Feuchtigkeit aus dem Boden, die Folge ist die Aridifizierung des Bodens, d.h. eine rasche und nachhaltige Austrocknung der Bodendecke. Zusätzlich wird der Grundwasserspiegel durch ständige übermäßige Grundwasserentnahme abgesenkt. Unter dem heutigen Trockenklima findet eine Neubildung von Grundwasser in nur sehr beschränktem Umfang statt. Selbst nach Beendigung der Wasserentnahme kann es Jahrzehnte dauern, bis sich der Grundwasserspiegel erholt hat.
Durch den abgesenkten Grundwasserspiegel ist Bodenwasser für die Pflanzen nicht mehr ausreichend verfügbar und vermindert dadurch ihre Regenerationsfähigkeit. Falsch abgestimmte Bewässerungsmaßnahmen können zudem zur Versalzung der Böden führen. Im Extremfall bilden sich dicke Krusten von Salzschichten an der Oberfläche der Bewässerungsflächen.
Bodeneigenschaften
In abschüssigen Gebieten mit spärlicher Vegetation wird bei gelegentlichen starken Regenfällen der Boden durch Wassererosion abgetragen. In Senken lagert sich das abgetragene Bodenmaterial an, es ist meist reich an Nährstoffen und Humus. Oben am Hang herrscht dagegen die Erosion vor. Der lockere Oberboden fehlt stellenweise völlig, die ursprünglich in tieferen Bodenschichten gebildeten Krusten gelangen an die Oberfläche. Sie sind häufig panzerartig fest und machen die Böden unfruchtbar.
Winderosion findet vor allem auf ebenen, vegetationsarmen Flächen statt. Je trockener der Boden, desto stärker ist die Winderosion. Je feinkörniger die Partikel, desto leichter und weiter werden sie vom Wind davongetragen. In den Erosionsgebieten bleiben daher die schweren, groben Fraktionen in Form von Steinpflastern („Wüstenpflaster“) zurück. Da der Boden immer gröber wird, sind diese Böden sehr ertragsarm, im Extremfall bedecken kleine Steine den gesamten Boden. Durch die Abtragung von Bodenmaterial werden die Böden immer flachgründiger, so daß der Wurzelraum der Pflanzen erheblich abnimmt. Gleichzeitig sinken meist die Gehalte vor allem an organischer Substanz, Phosphor und Stickstoff.
Oberflächengestalt
Durch Desertifikation verändert sich die Form einer Landschaft. Werden Dünen, die zuvor bewachsen und so vor Erosion geschützt waren, landwirtschaftlich genutzt, kann der Sand wieder mobilisiert werden. Die Sanddünen kommen erneut in Bewegung, es entstehen Wanderdünen. Diese bewegen sich mit der vorherrschenden Windrichtung landsam voran und dringen auch in ökologisch noch intakte Savannen- oder Anbaugebiete ein. Sie bedrohen Dörfer, Oasenregionen oder bewässerte Flußterassen. Solche Dünen können ganze Wadisysteme blockieren und den Unterlauf austrocknen.
Durch die Aridifizierung im Einzugsgebiet eines Wadis nimmt der Boden kein Wasser mehr auf, statt dessen fließt ein Großteil des Wassers auf der Oberfläche ab. Eine verstärkte Erosion von Bodenmaterial bis hin zu katastrophenartigen Überschwemmungen sind die Folge. Der Abfluß des Wassers in den Wadis ist nicht mehr periodisch sondern episodisch. Zugleich mit der größeren Wassermenge, die plötzlich ein solches Wadi füllt, steigt auch seine Kraft. Flußterassen werden zerstört und woanders neu gebildet, wertvolles Kulturland geht dadurch oft verloren. Brücken werden unterspült, Häuser zerstört, im Extremfall ganze Wadis verlagert.
Schon diese unvollständige Aufzählung der Indikatoren macht deutlich, daß Desertifikation ein sehr komplexes Wirkungsgefüge ist, das wichtige Teilfaktoren des Ökosystems (Vegetation, Boden, Wasserhaushalt, Oberflächengestalt) verändert und schädigt. Er wirkt sich vielfach in einer Art Kettenreaktion aus, die schließlich das ganze Ökosystem der Steppen und Savannen erfaßt und letztendlich zu einer „man-made-desert“ führen kann.
Stand: 22.02.2002