Larven, Wanzen, Käfer, Ameisen und Heuschrecken gehören in vielen Ländern zu den ganz normalen Lebensmitteln. Weltweit landen Schätzungen zufolge bei rund zwei Milliarden Menschen täglich Insekten auf dem Teller – und das nicht ohne Grund. Die Gliederfüßer sind dank ihres hohen Eiweißgehalts sehr nahrhaft und können den Körper darüber hinaus mit wertvollen Fetten und Mineralstoffen versorgen.
Gleichzeitig lassen sie sich weitaus effizienter züchten als etwa Rinder und Schweine. Denn Insekten pflanzen sich schnell fort, begnügen sich mit pflanzlichen Abfällen oder Kompost als Nahrung und haben zudem eine hohe Futterumwandlungsrate. Das heißt, sie benötigen relativ wenig Nahrung, um einen definierten Zuwachs an Körpergewicht zu erreichen.
Effizient und umweltfreundlich
Zum Vergleich: Im Durchschnitt können Insekten zwei Kilogramm Futter in ein Kilogramm Biomasse umwandeln. Hühner benötigen hingegen 2,5, Schweine fünf und Rinder bis zu zehn Kilogramm dafür. Auch in Sachen Umweltfreundlichkeit ist die Insektenzucht der konventionellen Tierhaltung klar überlegen. So produzieren Insekten unter anderem weniger Treibhausgase und verbrauchen deutlich weniger Wasser.
Kein Wunder also, dass die Welternährungsorganisation Insekten bereits seit Jahren als Nahrungsmittel der Zukunft propagiert. Theoretisch stünden 1.900 essbare Spezies zur Verfügung, um Hähnchenschnitzel, Schweinekotelett und Rindersteak zu ersetzen. Doch es gibt ein Problem: Insbesondere in Nordamerika und Europa dürften es die Tierchen schwer haben, als das neue Fleisch akzeptiert zu werden.
Der Ekelfaktor
Der Ekelfaktor, so formulierte es die Kognitionswissenschaftlerin Ophelia Deroy einmal, mache aktuellen Überzeugungsstrategien einen Strich durch die Rechnung. Klar ist: Der Verzehr von Insekten setzt in der westlichen Welt einen kulturellen Wandel voraus. Doch bisher scheint sich die Abneigung gegenüber Sechsbeinern auf dem Speiseplan, wenn überhaupt, dann nur allmählich zu legen.
In Europa stehen auch rechtliche Hürden einer Verbreitung insektenhaltiger Speisen im Weg. Laut der aktuellen Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union gelten Insekten als neuartige Lebensmittel. Damit sind sie zwar grundsätzlich für den menschlichen Verzehr zugelassen – sie müssen aber zunächst ein spezielles Bewertungsverfahren durchlaufen, bevor sie in Verkehr gebracht werden dürfen.
Köttbullar aus Käfer-Hack
Trotzdem gibt es sie auch bei uns, die Pioniere des Insektenessens. Besonders in den Niederlanden, Belgien und Dänemark tüftelt eine Reihe von Produzenten an schmackhaften Kreationen aus Käfern und Co. In zahlreichen europäischen Großstädten gibt es Produkte wie Insekten-Chips bereits in Feinkostläden zu kaufen und auch einige Speiselokale bieten die unkonventionellen Nahrungsmittel an.
Sogar in den Restaurants der schwedischen Möbelhauskette Ikea könnten Insekten schon bald auf der Speisekarte stehen. Im Zukunftslabor „Space10“ in Kopenhagen wird im Auftrag des Konzerns an Käfer-Köttbullar gearbeitet: fleischartigen Bällchen aus Mehlkäfern, Roter Beete und Karotten. Dem Nachrichtenportal Business Insider sagte Ikea: „Unser Ziel ist es Gerichte zu entwickeln, die gut schmecken – und gut für die Menschen und den Planeten sind.“ Vielleicht kommen selbst die größten Insekten-Skeptiker ja noch auf den Geschmack.
Daniela Albat
Stand: 17.08.2018