Weltweit laufen Vorarbeiten zu einem neuen Teleskop-Array, das besonders hochenergetische Gammastrahlung detektieren können soll. Beteiligt daran ist auch das Bochumer Team um Professorin Julia Tjus, die aus eigener Erfahrung weiß, wie heikel die Gamma-Astronomie sein kann.
Frau Tjus, eigentlich sind Sie Theoretikerin. Aber Sie haben auch schon Praxiserfahrungen in der Gammaastronomie gesammelt.
2010 durfte ich zwei Wochen lang in Namibia am HESS-Teleskop bei der Schicht dabei sein. Es war toll, in der Steppe zu sein und diese Erfahrungen in der Praxis zu sammeln.
Was waren denn dort Ihre Aufgaben?
Ich hatte natürlich nicht die Verantwortung, sondern habe als normales Schichtmitglied teilgenommen. Wie bei anderen astronomischen Instrumenten hat man einen Kontrollraum mit Bildschirmen, auf denen man schauen kann, ob die Datenaufzeichnung reibungslos läuft. Wenn ein Alarm von einem anderen Observatorium reinkam, haben wir diskutiert, ob wir auch unser Teleskop auf diese Stelle ausrichten. Eine weitere Aufgabe war, die Teleskope zeitgerecht herunterzufahren und alles lichtdicht zu verschließen, damit bloß kein Licht in die Kamera fällt.
Warum ist das so wichtig?
Die Gammastrahlung wird in Form von schwachen bläulichen Lichtblitzen sichtbar, die gerade einmal ein paar Nanosekunden anhalten. Mit dem bloßen Auge kann man sie nicht sehen. Deshalb mussten die Detektoren extrem empfindlich sein; zu viel Licht hätte sie übersättigt und zerstört. Ich erinnere mich noch, dass ich nur eine Taschenlampe mit rotem Licht benutzen durfte, wenn ich während der Beobachtungszeit zu den Schlafräumen gegangen bin. Selbst eine normale Taschenlampe war zu hell.
Das klingt nach komplizierten Beobachtungsbedingungen.
Früher war es tatsächlich so, dass man diese Teleskope nicht betreiben konnte, wenn der Mond am Himmel stand, weil selbst der zu viel Licht ausgestrahlt hat. Inzwischen gibt es andere Detektoren, die es sogar erlauben, bei Vollmond zu messen. Unser Dortmunder Kollege Wolfgang Rhode war an der Entwicklung beteiligt. Dadurch sind die Nächte in der Gammaastronomie deutlich länger geworden. Früher war das sehr entspannt, weil man teilweise nur eine Stunde in der Nacht Daten aufzeichnen konnte.
Julia Weiler / RUBIN, Ruhr Universität Bochum
Stand: 01.06.2018