Die Erde bebt, Häuser stürzen ein – und das weit von jeder Plattengrenze entfernt. Die Theorie der Plattentektonik erklärt zwar die meisten Auslösemechanismen und Erdbebenmuster an den Rändern der Kontinentalplatten, für Beben innerhalb der Platten liefert sie jedoch nur bedingt eine Erklärung. Wenn auch nicht so häufig, wie die Beben an den Plattenrändern, kommt dieser Bebentyp doch auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis vor. Seit dem 16. Jahrhundert bebte die Erde mindestens 15mal in Regionen, in denen die Erdkruste eigentlich als stabil gilt.
Die spektakulärsten Beben dieser Art fanden vor 187 Jahren im amerikanischen New Madrid statt – mehr als 1600 Kilometer vom nächsten Plattenrand entfernt. Mit drei Stößen der Stärken 8,1 bis 8,3 handelte es sich dabei um das stärkste Beben innerhalb der USA. Auch in Europa wurden schwere Beben mitten auf der Europäischen Platte registriert, so zum Beispiel das Erdbeben in der Schweiz 1356, von dem zahlreiche Erzählungen und Gemälde zeugen. Nach heutigen Schätzungen hatte das Beben mit dem Epizentrum in der Nähe von Basel eine Stärke von 7,4.
Seit Beginn der Erdbebenforschung Anfang unseres Jahrhunderts haben die Seismologen sich die Frage gestellt, warum immer wieder scheinbar stabile Regionen von Erdbeben heimgesucht werden. Jetzt haben neueste Ergebnisse vielleicht die Antwort dafür gefunden.
Ins Platteninnere übertragen
Erdbebenforscher gehen davon aus, dass die Spannungen, die an den Plattenrändern entstehen, sich auf den gesamten starren Plattenkörper übertragen und dadurch im Inneren zu starken Kompressionsdrucken führen. Erdbeben entstehen, wenn geologische Schwachstellen vorhanden sind, die diesem Druck nachgeben. Solche Stellen können zum Beispiel alte Brüche oder ehemalige Plattenrandzonen sein, die im Laufe der Erdgeschichte ins Platteninnere verlagert wurden.