Extremophile – die »Teflonpfannen« unter den Bakterien könnten der Katastrophe weit unter der Erdoberfläche widerstehen, in Regionen, tief genug, um Schutz vor der sengenden Hitze an der Oberfläche zu bieten, aber noch genügend fern der intensiven Wärmeherde unseres Planeteninneren.
Sleep erinnert daran, dass zwei der drei Hauptäste, aus denen unser heutiges Leben hervorgegangen ist, ganz deutliche »heiße Wurzeln« besitzen. Laut Sleep sehen viele ihrer Vertreter genau so aus, »wie Asteroiden-Überlebende: nämlich sehr komplexe, hochentwickelte Organismen, die thermophil sind.« Professor Sleep schließt nicht aus, dass einige der frühen Asteroidentreffer heftig genug waren, um alles irdische Leben zu eliminieren. Der Treffer könnte seiner Ansicht nach aber auch Organismen auf eine interplanetare Reise geschickt haben.
Modell-Rechnungen deuten darauf hin: Der Schock eines gewaltigen Einschlags ist nicht zwangsläufig tödlich für Mikroben, die eingeschlossen sind in hinaus geschleudertes Gestein. Der Professor kommentiert: »Nun, Sie sterilisieren auch keine Flasche mit Milch, indem Sie sie von Ihrem Hausdach runterwerfen.« Die Mars-Gesteine müssen im übrigen ihrerseits irgendwie zur Erde verfrachtet worden sein, doch zeigen sie keine typischen Anzeichen von Schockmetamorphose.
Warum das so ist, weiß bis heute niemand so recht. Aber offenbar kann Material selbst nach katastrophalen Einschlägen relativ unversehrt auf genügend hohe Geschwindigkeiten gebracht werden, um einen Großen Planeten zu verlassen. Allerdings, unsere Erde verlangt eine doppelt so hohe Entweichgeschwindigkeit ins All – die entfesselte Energie muss also viermal so groß sein wie beim »Abflug« vom Mars.
Für Sleep erscheint eine Mikroben-Post zum roten »Wüstenplaneten« zwar schwierig zu sein, aber nicht unmöglich. Tief im Gestein verborgen könnten die Extremophilen den Weltraum-Verhältnissen trotzen, zumindest für einen mehrjährigen Zeitraum. Ob das auch für eine sicherlich viele Jahrtausende währende Irrfahrt zwischen den Welten gilt, ist bisher nicht bewiesen. Doch auch hier bleibt Sleep optimistisch: »Die Bedingungen sind nicht gut für die Mikro-Organismen, aber sie sind auch nicht schlecht.«
Vor vier Milliarden Jahren hätten die winzigen Neuankömmlinge auf dem Mars eine durchaus lebensfreundliche Umwelt angetroffen, einen warmen, genügend mit Wasser versorgten Planeten ähnlich unserer Erde. Sollte sich alles tatsächlich so abgespielt haben, dann allerdings wäre die berühmt-berüchtigte Mars-Invasion genau andersherum verlaufen als in den meisten Sciencefiction-Romanen geschildert: Anstatt grausamer Monster, die in der Gegenwart über die Erde herfallen, wären in Wirklichkeit harmlose Mikroben in längst vergangenen Tagen auf dem Mars gelandet.
Stand: 30.09.2002