Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das vorherrschende Bild der Erde noch immer von der Idee der Stabilität geprägt. Viele Wissenschaftler hielten die Aufteilung der Eroberfläche in Meeresbecken und Kontinente für seit Urzeiten vorhanden und unabänderlich. Veränderungen waren ihrer Ansicht nach nur durch die Abkühlung des heißen Erdinneren und die damit verbundene Schrumpfung der Erde möglich. Andere sahen die Ursache für Gebirgsbildungen, Ablagerungen von Sedimenten und anderen Phänomenen in einem unregelmäßigen Auf und Ab von Teilen der Erdkruste.
Warum passen Afrika und Südamerika wie Puzzleteile zusammen?
Bei allen Unterschieden war es bisher jedoch keinem dieser Erklärungsversuche gelungen, die immer neuen Beobachtungen und Erkenntnisse, die die Geoforscher gewannen, zufriedenstellend zu erklären. Dazu gehörte auch die schon von von Humboldt und anderen Forschern gemachte Beobachtung, dass die Küstenlinien Südamerikas und Afrikas, aber auch die Umrisse anderer Kontinente und Inseln auffallend gut zusammenpassten. Auch die Tier und Pflanzenwelt einiger Kontinente und Landstriche zeigte deutliche Übereinstimmungen.
Ein Versuch, dieses Phänomen der Biogeographie zu erklären, stellte die Theorie der „Landbrücken“ dar. So sollten zu unterschiedlichen Zeiten in der Vergangenheit mehr oder weniger breite Landverbindungen zwischen den Kontinenten das Ein- und Auswandern von Pflanzen und Tieren ermöglicht haben. Durch Absenken dieser Brücken sei dann schließlich die heutige Trennung der Kontinente entstanden. Diese Hypothese vermochte allerdings weder die klimatischen Veränderungen, noch die widersprüchlichen Befunde aus der Struktur der Ozeanböden zu erklären.
Erdbeben als Herdentiere
Eine andere ungelöste Frage warf die noch junge Wissenschaftsrichtung der Seismologie auf: Bei der Aufzeichnung von Erdbebenwellen zeigte sich, dass Erdbeben keineswegs gleichmäßig verteilt auftraten, sondern sich in bestimmten Regionen häuften. Wie Gürtel zogen sich diese Bereiche seismischer Aktivität um die Erde und an den Rändern der Kontinente entlang. Wie war diese Häufung zu erklären?
Der Geologe Hugo Benioff vom kalifornischen Institute of Technology fand in seinen Untersuchungen Hinweise auf „abnorme“ Verwerfungen und Bruchflächen, die sich in ozeanischen Regionen und an den Rändern von Kontinenten erheblich voneinander unterschieden. Außerdem zeigten die seismischen Messungen, dass die Erdkruste nicht, wie früher angenommen, auf einem glutflüssigen Erdinneren schwamm, sondern dass auch der Erdmantel weitgehend fest sein musste.
In diese scheinbar so verfahrene und verworrene Situation platzte ein junger deutscher Wissenschaftler, der sich zwar bereits als Meteorologe und Polarforscher einen Namen gemacht hatte, in den Geowissenschaften aber höchstens als „Quereinsteiger“ gelten konnte – Alfred Wegener.
Nadja Podbregar
Stand: 21.02.2001