„Die Ausschließliche Wirtschaftszone ist, was die Kulturgüter auf dem Meeresboden angeht, quasi ein denkmalrechtlich nicht geschützter Raum“, sagt Ursula Warnke, Direktorin am Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven. „Wer in der AWZ einen Windpark errichtet oder Kies abbaut, könnte mit Schiffswracks im Prinzip machen, was er will. Auch gegen Schatztaucher gibt es keine Handhabe. Es fehlt in Deutschland an einer nationalen Einrichtung zum Schutz der unterseeischen Kulturgüter.
Das will die Archäologin nun ändern und hat in einem ersten Schritt das Bundesforschungsministerium überzeugen können, das dreijährige Forschungsprojekt „Bedrohtes Bodenarchiv Nordsee“ zu fördern. Es soll zunächst einen genaueren Überblick darüber liefern, was sich wirklich auf dem Meeresgrund befindet, denn die Kenntnis darüber ist noch sehr gering.
Kartierung und Altersbestimmung schwierig
Die verlässlichste Basis sind Seekarten des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Dieses jedoch untersucht den Meeresgrund nur nach der Maßgabe, ob ein Hindernis für die Schifffahrt gefährlich ist und gegebenenfalls sogar aus dem Weg geräumt werden muss. „Viel mehr als die geografische Lage und die Information, ob es sich um Wracks aus Holz oder Metall handelt, können wir diesen Karten nicht entnehmen“, berichtet Mike Belasus, der das Projekt am Schifffahrtsmuseum wissenschaftlich bearbeitet. Über den archäologischen Wert sagt das fast nichts aus.
Doch wie lässt sich dieser feststellen? „Das ist schwer einzuschätzen“, räumt der Archäologe und ausgebildete Forschungstaucher ein. „Bei Holzwracks müssen wir Materialproben nehmen, aus denen sich im Labor Alter und Herkunft des Baumaterials bestimmen lassen.“ Aber auch das Alter ist nur ein grober Anhaltspunkt. Nach einer Richtlinie der Kulturorganisation der Vereinten Nationen (UNESCO) gelten Wracks, die mehr als 100 Jahre alt sind, als archäologisch relevant. „Aber auch im Zweiten Weltkrieg gesunkene Schiffe sind zweifelsohne von wissenschaftlichem Interesse“, gibt Belasus zu bedenken.
Christoph Herbort-von Loeper /Leibniz Journal
Stand: 18.10.2013