Unser Standardmodell der Physik hat sich bisher wacker geschlagen: Viele der um uns herum beobachtbare Phänomene lassen sich auf diesen Grundbaukasten von Elementarteilchen zurückführen. Ob das Verhalten von Licht oder Radiowellen, die Zusammensetzung der Atome oder die Entwicklung von Sternen. Doch so säuberlich geordnet dieser Teilchen-Baukasten auch erscheint – er kann leider nicht alle Phänomene in unserem Kosmos erklären.
Eine ganze Familie von Teilchen
Nach dem Standardmodell besteht alles um uns herum aus einer ziemlich begrenzten Zahl von Elementarteilchen. Zu ihnen gehören beispielsweise die Quarks, aus denen die Atomkerne aufgebaut sind, aber auch Elektronen oder Neutrinos. Insgesamt gibt es zwölf verschiedene dieser Fermionen, die in drei „Generationen“ unterteilt werden. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Masse voneinander, typisch und damit definierend für sie alle ist ein halbzahliger Spin.
Zu diesen kommen im Standardmodell Bosonen – Teilchen, die die auf die Materie wirkenden Kräfte vermitteln. Zu diesen gehören die die Photonen als Überträger der elektromagnetischen Kraft, aber auch Gluonen als Träger der starken Kernkraft. W- und Z-Bosonen vermitteln die schwache Kernkraft. Typisch für die Bosonen ist ein ganzzahliger Spin. Das Higgs-Boson hat eine Sonderrolle – es ist bereits eine Erweiterung des klassischen Standardmodells. Denn es vermittelt keine der vier Grundkräfte, hat aber dennoch entscheidenden Einfluss auf andere Teilchen und weicht auch in seinem Spin von 0 von allen anderen ab.
Wo bleibt die Gravitation?
Doch so säuberlich geordnet dieser Teilchen-Baukasten auch erscheint – er kann leider nicht alle Phänomene in unserem Kosmos erklären. So taucht bisher die Gravitation, die vierte Grundkraft im Universum, im Standardmodell nicht auf. Eigentlich müsste es auch für sie ein Wechselwirkungsteilchen, eine Art Boson geben. Doch bisher lässt sich dieses Graviton nicht nachweisen und auch theoretisch nicht eindeutig einordnen.
Die Kollisionen im LHC erzeugen einen ganzen Schauer von Teilchen, die in alle Richtungen auseinanderfliegen. Die meisten von ihnen werden von den schalenartig übereinanderliegenden Schichten der Detektoren erfasst, doch die Gravitons könnten entweichen. „Es würde dabei eine leere Zone hinterlassen, die wir dann als Ungleichgewicht im Impuls und der Energie bemerken“, erklären die Physiker des CERN. „Wir müssten dann sehr sorgfältig die Eigenschaften dieser fehlenden Objekte analysieren, um herauszufinden, ob es ein Graviton sein könnte.“
Nadja Podbregar
Stand: 10.04.2015