Am 1. Oktober 2005 wird der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 20 Jahre alt. Nach Ansicht der beiden vor Ort tätigen Naturschutzverbände WWF und Schutzstation Wattenmeer geht es der Natur durch diesen hohen Schutzstatus schon viel besser: So werden im Wattenmeer kaum noch Vögel gejagt, viele Salzwiesen blühen wieder, und die Boden zerstörende Fischerei auf Herzmuscheln wurde gestoppt. Als großen Fortschritt werten die Verbände, dass 1999 der Nationalpark vor Sylt und Amrum durch ein Schutzgebiet für die hier heimischen Schweinswale erweitert wurde. Der Nationalpark dient nicht nur dem Schutz des Wattenmeers, sondern bietet zudem ganz besondere Naturerlebnisse für Millionen von Besuchern. Der Nationalpark ist deshalb eine der tragenden Säulen des Tourismus an der Nordseeküste.
„Das Watt ist in ganz Deutschland der berühmteste Promi, den die Menschen mit der Nordseeküste verbinden“, meint Hans-Ulrich Rösner vom WWF-Projektbüro in Husum. Die Schutzstation Wattenmeer hat seit der Gründung des Nationalparks bei rund 90.000 Führungen mehr als 2 Millionen Menschen durch die Salzwiesen, Dünen, Wattgebiete und Strände geleitet. Die Schutzstation war es auch, die 1963 mit dem Vorschlag für ein „Großreservat Halligmeer“ erstmals den Gedanken ins Spiel brachte, das Wattenmeer großflächig zu schützen.
Heute ist der Verband von 20 Stützpunkten aus auf den Inseln, Halligen und dem Festland aktiv. Für die verschiedenen Naturschutzorganisationen im Nationalpark arbeiten mittlerweile mehr als 100 meist junge Menschen, viele von ihnen im Freiwilligen Ökologischen Jahr oder Zivildienst. Damit gibt es keinen anderen Nationalpark in Europa mit einem vergleichbaren privaten Engagement.
Chemie zwischen den Akteuren stimmt
Der WWF und die Schutzstation Wattenmeer kämpften schon in den 1970er Jahren gegen kilometerlange Eindeichungen quer durch das Wattenmeer. Ihrem hartnäckigen Engagement an der Küste ist es mit zu verdanken, dass das Wattenmeer in Schleswig-Holstein 1985 zum Nationalpark ernannt wurde – das ist der höchste Naturschutzstatus, den ein Gebiet in Deutschland erreichen kann. 1986 folgte der Wattenmeer-Nationalpark Niedersachsen, 1990 erhielt auch das Hamburger Watt das begehrte Prädikat.
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Auf staatlicher Seite konzentriert sich das Land Schleswig-Holstein vor allem auf die Umsetzung und Überwachung der Schutzvorschriften und wirbt in den Gemeinden für den Naturschutz. Nationalpark-Ranger und große Informationszentren wie das Multimar Wattforum in Tönning mit jährlich mehr als 200.000 Besuchern sind an einen „Nationalpark-Service“ ausgegliedert, an dem auch die Naturschutzverbände beteiligt sind. Rainer Schulz von der Schutzstation Wattenmeer lobt die gute Zusammenarbeit der staatlichen und privaten Stellen:
„Ob bei Forschungsprojekten, Umweltbildung oder Öffentlichkeitsarbeit – im Nationalpark stimmt die Chemie zwischen den Akteuren. Das kommt letztlich der Natur zugute.“ Auch bei den Tourismus-Unternehmen sehen WWF und Schutzstation einen positiven Bewusstseinswandel, da verstärkt „nationalparkfreundliche“ Ausflugsfahrten und Unterkünfte angeboten werden. Doch geschehe dies bislang noch zögerlich.
Bauwut und Überfischung
Hans-Ulrich Rösner vom WWF: „Leider beteiligt sich die Wirtschaft noch längst nicht überall an der gesellschaftlichen Aufgabe Nationalpark.“ Immer wieder gebe es Maßnahmen, die nicht im Einklang mit dem Erhalt der weltweit einmaligen Landschaft und der großen Artenvielfalt stehen. So monieren die Naturschützer, dass im Nationalpark noch immer zu intensiv gefischt und zuviel gebaut werde. Eine Ölbohrinsel und Raketenübungen verschandeln nach Ansicht von Rainer Schulz nicht nur das optische Erscheinungsbild des Nationalparks: „Ölförderung und Raketen haben im Wattenmeer einfach nichts verloren.“ Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist mit einer Fläche von 441.000 Hektar der größte in Mitteleuropa.
In Deutschland gibt es zurzeit 14 Nationalparke, weltweit sind es fast 4.000 Der erste Nationalpark, Yellowstone, wurde 1872 in den USA eingerichtet. In einem Nationalpark muss die Natur großflächig geschützt und ihre ungestörte Entwicklung ermöglicht werden. Der Schutzstatus darf nur vergeben werden, wenn große Teile der Landschaft noch sehr ursprünglich sind.
Stand: 09.09.2005