Wenn die kalkbildenden Organismen absterben, sinken sie auf den Meeresboden. Dort lagern sie sich in stetig wachsenden Sedimentschichten ab, die sich unter Druck verfestigen. Doch nicht alle Kalk-Schalen gelangen zum Ozeangrund und bleiben dort erhalten, um sich innerhalb von Jahrmillionen in Kalkstein umzuwandeln.
Schneegrenze im Ozean
Unterhalb von 4.500 bis 5.000 Metern Meerestiefe lösen sich die kalkhaltigen Überreste des Planktons, die Muschel-, Schneckenschalen und Kalk-Skelette langsam wieder auf. Diese so genannte Kalk-Kompensations-Tiefe (Calcite Compensation Depth, DDC), die in kaltem Wasser auch nur bei einigen hundert Metern Tiefe liegen kann, ähnelt der Schneegrenze in den Bergen. Tatsächlich sprechen Wissenschaftler von kalkbedeckten, „weißen“ Gipfeln der unterseeischen Gebirge, während die Tiefseeböden nahezu frei von kalkhaltigen Sedimenten sind und eher aus „rotem“ Ton und Sand bestehen.
Die Ursache für dieses Phänomen: In der Tiefsee wird ein Großteil der organischen Materie bakteriell zersetzt, dabei wird CO2 frei. Durch den hohen Druck und die niedrige Temperatur löst sich dieses Kohlendioxid im Wasser. Doch je mehr Kohlendioxid im Wasser enthalten ist, desto höher ist auch sein Potenzial, Kalzium aufzunehmen. Die hochkonzentrierte Kohlensäure in den Tiefen der Ozeane greift die herabgesunkenen Kalk-Schalen an und löst das Kalziumkarbonat wieder auf.
Versauerung bedroht Kalk-Produzenten …
Aus diesem Grund bevorzugen Korallen nur die Seichtwasserbereiche der Tropen, wo Druck, Temperatur und Lichtverhältnisse für eine geringe CO2-Konzentration sorgen. Weil jedoch der Anstieg von Kohlendioxid in der Atmosphäre zu einer „Versauerung“ des oberflächennahen Ozeanwassers führt, sind die Korallenriffe durch den Klimawandel akut gefährdet.
Der Treibhauseffekt hat auch die Kalkalge Emiliania huxleyi in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses gerückt. Denn auch sie wird durch den sinkenden pH-Wert beeinflusst. Dabei spielen die Coccolithophoriden als Kalk-Produzenten eine wichtige Rolle im Kohlenstoffhaushalt der Ozeane.
…und Kohlenstoffkreislauf
Durch zwei gegenläufige, voneinander abhängige Prozesse wird zwischen Atmosphäre und Ozeanen permanent Kohlendioxid ausgetauscht: Die „organische Pumpe“ sorgt für einen Transport organisch gebundenen Kohlenstoffs in die Tiefe. Die „Karbonatpumpe“ dagegen setzt bei der Produktion von Kalziumkarbonat CO2 frei, das wieder zurück in die Atmosphäre gelangt. Beide Prozesse entscheiden über die Menge des zwischen Ozean und Atmosphäre ausgetauschten Kohlendioxids und stehen normalerweise im Gleichgewicht.
Die Coccolithophoriden sind an beiden Prozessen beteiligt. Als Phytoplankton verbrauchen sie durch Photosynthese CO2. Das ist jedoch weniger als durch die Mineralisation von Kalziumkarbonat frei wird. Sie sorgen deshalb dafür, dass Kohlendioxid auch wieder in die Atmosphäre abgegeben wird. Sterben die Algen, sinken ihre Kalkplatten zum Meeresboden und befördern so auch gebundenen Kohlenstoff in die Tiefe.
Kalkalgen vor Produktionsstopp?
Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven haben jetzt bei Versuchen mit Emiliania huxleyi festgestellt, dass eine höhere Konzentration an gelöstem Kohlendioxid im Wasser die Coccolithophoriden bei ihrer Arbeit erheblich beeinflusst. Die Produktion von Kalziumkarbonat wird verringert, die Photsynthese-Aktivität jedoch erhöht. Die Wissenschaftler schätzen, dass sich die Produktion von CaCO3 im oberflächennahen Ozean und dessen Transport in die Tiefe in den nächsten 100 Jahren erheblich verlangsamen werden.
Die eingeschränkte Kalk-Produktion würde zunächst dazu führen, dass an der Oberfläche der Ozeane mehr CO2 gespeichert werden kann – keine schlechte Nachricht, wenn man die Ozeane als Senke für das „überflüssige“ Kohlendioxid aus der Atmosphäre betrachtet. Nach Meinung des Physikers Dieter Wolf-Gladrow aus Bremerhaven sei jedoch nicht vorherzusagen, welche weiteren Folgen eine solche Entwicklung nach sich ziehen würde. Denn weil die Coccolithophoriden den Hauptanteil des ozeanischen Kalks erzeugen, könnte eine Schädigung des Phytoplanktons unter Umständen den gesamten Kohlenstoffkreislauf der Erde in Mitleidenschaft ziehen. Die Rückkopplungseffekte seien völlig unabsehbar.
Stand: 15.01.2005