Celine ist 28 und studiert. Aber meist hat sie andere Sorgen als das Studium. Denn sie wiegt 122 Kilo, bei einer Körpergröße von 167 Zentimetern. Mit Diäten abzunehmen, das hat sie nicht geschafft. Nun plagen sie Gelenkbeschwerden, und sie denkt über eine Operation zur Magenverkleinerung nach. In einem Internetportal suchte sie Rat – wie so viele übergewichtige Menschen in Deutschland.
Laut medizinischer Definition beginnt Übergewicht ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 Kilogramm pro Meter Körpergröße zum Quadrat. Der Body-Mass-Index ist der am häufigsten genutzte Wert, um Gewichtskategorien vergleichen zu können. Rund 16 Millionen Menschen in Deutschland sind adipös, also fettleibig, mit einem BMI von 30 und mehr. Bereits mehr als die Hälfte der Menschen hierzulande gelten als übergewichtig.Sparmodus vereitelt Abnehmerfolg
Nur die Wenigsten schaffen es, wieder schlank zu werden. Warum aber ist das so schwer, wenn das Grundproblem doch einfach erscheint? Wer zu viel isst und sich dabei wenig bewegt, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dick. Doch die Gründe für Übergewicht sind vielfältig, und die Abläufe im Körper komplex. Um sie besser zu verstehen, untersuchen Forscher heute das Fettgewebe, die Darmflora, Hormone, Gene und die genetische Ausstattung einer Person.
Die Erkenntnis: Nicht jeder Körper reguliert die Nahrungsaufnahme und den Energieverbrauch gleich. Viele kleine Abweichungen können den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen – und zu einer nicht ausgeglichenen Energiebilanz führen. Zunächst einmal hat der Körper seine eigene Strategie: Er speichert überschüssige Energie aus der Nahrung als Fett, um körpereigene Reserven für magere Zeiten anzulegen. Erhält der Körper bei einer Diät weniger Energie, schaltet er in einen Sparmodus, um die angelegten Fettreserven nicht zu schnell aufzubrauchen. Was in kargen Zeiten für das Überleben wichtig war, ist in der heutigen Wohlstandsgesellschaft hinderlich. Oftmals wiegen Betroffene nach einer Diät deshalb mehr als zuvor.
Botenstoffe mischen mit
Inzwischen weiß man, dass auch einige Botenstoffe, die der Kommunikation zwischen Fettgewebe, Gehirn und dem Verdauungstrakt dienen, für das Körpergewicht eine wichtige Rolle spielen. Das Sättigungshormon Leptin trägt beispielsweise zur Regulierung der Nahrungsaufnahme bei – es wird in den Fettzellen produziert und signalisiert dem Gehirn, dass genug gegessen wurde. Es könnte daher sein, dass die Balance dieser und anderer Botenstoffe bei Übergewichtigen verschoben ist. Noch ist das allerdings nicht eindeutig geklärt.
Stephan Bischoff vom Institut für Ernährungsmedizin der Universität Hohenheim hofft aber, dass der Hormon-Status des Verdauungstrakts Ansätze für individuelle Ernährungskonzepte liefern könnte. Mit diesen könnte es Übergewichtigen dann leichter fallen, gegen ihren Heißhunger anzukämpfen. Zudem könnten beispielsweise aus der Analyse der Darmflora neue medikamentöse Therapien abgeleitet werden, die Abnehmwillige ohne große Gesundheitsrisiken unterstützen. „Es ist nicht nur entscheidend, was wir essen, sondern auch, was der Körper aus der Nahrung herauszieht.“
Es gibt auch Hormone, die spezifisch in den Fettzellen gebildet werden. „Solche Adipokine sind ein Grund dafür, dass bei einer Adipositas das Fettgewebe chronisch entzündet ist“, erklärt Hans Hauner vom Klinikum rechts der Isar in München und Sprecher des Kompetenznetzes Adipositas. „Bei einer dauernden Überernährung steigt die Ausschüttung der Adipokine. Dadurch entsteht eine Flut entzündlicher Substanzen, die auch zu deutlichen Veränderungen im Stoffwechsel führen.“ Sie könnten daher eine wichtige Rolle dabei spielen, ob Übergewicht zu Folgeerkrankungen wie Diabetes und Fettstoffwechselstörung führt. Diese schädigen wiederum die Blutgefäße und erhöhen das Risiko für Bluthochdruck, Schlaganfall oder Herzinfarkt.
Für Hauner zählen Adipositas und Diabetes daher heute zu den größten Herausforderungen in der Medizin: „Die Folgen für das Gesundheitssystem sind unabsehbar.“ Doch bisher hat sich die Vorbeugung als stumpfes Schwert erwiesen.