Bizarr geformte Strukturen in der untermeerischen Asphaltlandschaft am Chapopote-Vulkan gehören im Frühjahr 2006 zu den ungewöhnlichsten Entdeckungen des Forscherteams auf der Meteor. Sie entstehen, wenn ein besonders zähflüssiges Gemisch aus Öl und Asphalt aus dem Meeresboden austritt und dann wie Karamell Fäden zieht.
Nachdem die flüchtigen Bestandteile wie Gase oder leichte Öle entwichen sind, kippen die Strukturen um und stapeln sich dann übereinander auf dem Oberfläche des Chapopotehügels. „Wir haben noch nicht einmal einen guten Namen für diese Strukturen, so andersartig sind sie“, erläutert Bohrmann.
Und auch das Geheimnis um das „Elixier des Lebens“ im Asphalt, das dem Ökosystem ohne Licht als Energiespender dient, könnte möglicherweise schon bald gelüftet sein. „Wir haben auch Hinweise darauf, woher das Ökosystem seine Nahrung bezieht“, so der Meeresgeologe weiter. „Aber diese Ergebnisse können wir noch nicht veröffentlichen, das muss – wie so vieles – erst noch geprüft und abgesichert werden.“
Gashydrate im Asphalt
Weiterhelfen bei der Lösung des Rätsels werden vermutlich vor allem Asphaltproben, die Anfang bis Mitte April 2006 gewonnen wurden und die für die Wissenschaftler eine Überraschung parat hielten. Denn in winzigen Zwischenräumen des Asphalts fanden sie zu ihrem Erstaunen Gashydrate. Da diese unter atmosphärischen Bedingungen an Bord langsam zerfallen, konnten die Forscher aus allen Poren eines Asphaltkerns sogar das zarte Blubbern des entweichenden Methangases „live“ mithören.
Für die beteiligten Forscher eine Sensation. Denn bisher hatten sie gedacht, dass der Asphalt nahezu frei von diesem „Grundnahrungsmittel“ der Tiefsee sei. Sind demnach doch Methan-fressende Bakterien die Grundlage des Nahrungsnetzes an den Asphaltvulkanen? Eine abschließende Antwort auf diese Frage steht aus.
Denn noch sind die Auswertungen und Analysen in vollem Gange. Die Wissenschaftler rechnen aber bereits in Kürze mit ersten Ergebnissen. Sie könnten ein völlig neues Licht auf die Asphaltvulkane und das einzigartige Ökosystem, das darauf entstanden ist, werfen.
Vielleicht sind die Wissenschaftler dann auch schlauer, was den Asphaltstrom aus dem Erdinneren antreibt. Ist es tatsächlich das magische superkritische Wasser oder handelt es dabei doch um ein „kaltes“ Phänomen?
Tiefsee als Oase des Lebens
Welche Ergebnisse die 2006er Expedition und alle folgenden auch noch bringen mögen, schon jetzt ist das Resümee klar: „Für mich ist Chapopote ein Beispiel dafür, wie dynamisch die Tiefsee wirklich ist. Es gibt keinen Ort, wo Leben unmöglich ist. Und wenn Leben auch nur den Hauch einer Chance bekommt, wird es sich anpassen und erblühen.“, so Ian MacDonald kurz nach der Entdeckung der Asphaltvulkane im Mai 2004 im Wissenschaftsmagazin Science.
Stand: 02.11.2006