Die Kernaussagen des sechsten Weltklimaberichts sind nicht neu – die meisten von ihnen fanden sich in Form von Annahmen und Prognosen schon in früheren Versionen dieser Sachstandsberichte. Neu ist aber, dass viele dieser Prognosen inzwischen Realität geworden sind. „Der Klimawandel ist längst deutlich sichtbar. Wir müssen den Leuten inzwischen nicht mehr sagen, dass er existiert“, sagte Petteri Taalas, Generalsekretär der Meteorological Organization WMO.
1,1 Grad Erwärmung sind schon erreicht
Zu dieser neuen Realität gehört unter anderem, dass sich das Erdklima ungebremst weiter erwärmt. Inzwischen liegen die globalen Mitteltemperaturen schon um 1,1 Grad höher als noch zu Beginn der Industrialisierung um 1850 bis 1900. Bei den Landflächen hat die Erwärmung im Schnitt schon 1,6 Grad erreicht, so das IPCC. Das bedeutet auch: Bis zu den 1,5 Grad, auf die das Pariser Klimaabkommen die Erwärmung eigentlich begrenzen wollte, ist nicht mehr viel Luft.
Tatsächlich zeigt sich in allen fünf Szenarien des Berichts: Bis 2040 wird die Erwärmung in jedem Fall 1,5 Grad erreicht haben – egal, wie gut und schnell unsere Klimaschutzbemühungen greifen. Auch die Schwelle von zwei Grad Erwärmung könnte schon 2050 gerissen werden, wenn die Emissionen nicht schnell und drastisch gesenkt werden. „Die einzige Chance, das eine oder das andere Ziel zu erreichen, ist, wenn wir schnell die Emissionen herunterfahren“, sagt IPCC-Leitautor Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.
„Unzweifelhaft menschengemacht“
Neu ist auch die Sicherheit, mit der die Klimaforscher inzwischen ausschließen können, dass diese Erwärmung allein auf natürliche Faktoren zurückgeht. Im aktuellen Bericht beziffern die Autoren den Anteil natürlicher Klimaschwankungen auf nur rund 0,2 Grad. Der ganze Rest aber geht ihren Berechnungen nach auf anthropogene Faktoren zurück – auf den Einfluss unserer Treibhausgas-Emissionen und Landnutzungsveränderungen. „Es ist unzweifelhaft, dass es der menschliche Einfluss ist, der Atmosphäre, Land und Ozean erwärmt hat“, heißt es im Weltklimabericht.
„Das für mich überzeugendste Argument, dass der Klimawandel menschengemacht ist, ist die Tatsache, dass wir die Beobachtungen ohne Berücksichtigung des menschlichen Einflusses einfach nicht reproduzieren können“, sagt Daniela Domeisen von der ETH Zürich. Das illustriere eine Abbildung, in der die Temperaturkurve ohne menschlichen Einfluss und mit dargestellt sind. Die modellierten Veränderungen entsprechenden den realen Messdaten nur dann, wenn der Faktor Mensch mit einbezogen wird. „Diese Abbildung war bereits in früheren IPCC-Berichten enthalten, und sie wird mit jedem Bericht deutlicher“, so Domeisen.
Beispielloses Tempo
Wie stark sich der aktuelle Klimawandel von früheren, natürlichen Veränderungen unterscheidet, zeigt sich auch an seinem rasanten Tempo: In der letzten Zwischeneiszeit stiegen die Temperaturen zwar sogar um fünf Grad und damit deutlich mehr als aktuell. Dafür benötigte die Warmzeit aber damals rund 5.000 Jahre – rund ein Grad pro Jahrtausend. Dieses eine Grad hat die anthropogene Erwärmung in nicht einmal 150 Jahren geschafft.
„Dieser Bericht ist ein Realitäts-Check. Wir haben nun ein weit klareres Bild des vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Klimas“, konstatiert Valérie Masson-Delmotte, Co-Leiterin der für den Bericht federführenden Working Group I. „Das ist existenziell, um zu verstehen, wohin wir steuern, was getan werden kann und wie wir uns vorbereiten können.“