Dass das riesige Ökosystem des Sees – der Baikal und seine Randgebiete sind größer als ganz Belgien – auf den globalen Klimawandel reagiert, scheint klar. Gewissheit darüber hat jetzt eine Gruppe russischer und US-amerikanischer Wissenschaftlern von den Universitäten in Irkutsk, Idaho und Kalifornien gewonnen. Sie haben den Baikal und seine Lebewesen in den letzten Jahren untersucht.
Schlüsselrolle für Kieselalgen
In einer Studie, die im Mai dieses Jahres im Magazin „BioScience“ veröffentlicht wurde, kommen sie zu dem Schluss, dass das Ökosystem Baikalsee ausgerechnet von den kleinsten Lebewesen des Sees abhängt: winzigen Diatomeen oder Kieselalgen, die in den oberen Wasserschichten leben. Und diese wiederum sind am meisten von den fortschreitenden Umwelt- und Klimaveränderungen, die sich auch am Baikalsee bemerkbar machen, betroffen

Anders als die meisten ihrer Verwandten sind die Kieselalgen im Baikalsee auf lang anhaltende Winter mit schwerem Eisgang angewiesen. Erst unter dickem Frühjahrs-Eis beginnen die Algenkolonien richtig zu „blühen“, Kälte und Eis sind für die Diatomeen im Baikal lebenswichtig. Die Winter am Baikal sind in der Regel bis zu -40 Grad kalt, einen Großteil des Sees überzieht dann für die Dauer von vier bis fünf Monaten eine dicke Eisschicht. Die Baikal-Diatomeen sitzen an der rauen Unterseite der Eisschicht in Scharten und Klüften und hängen in mehr als zehn Zentimeter langen Schwaden ins Wasser hinab.
Spezialisten unter dem Eis
Sie sind auf die konvektiven Wasserströmungen direkt unter der Eisfläche angewiesen, wo ständig Wasser auftaut und neu gefriert und die Wasserteilchen aufgrund von Temperatur- und Dichteschwankungen stets in Bewegung sind. Ebenso lieben die Diatomeen das leichte „Schummerlicht“, das durch die Eisschicht fällt. Vor allem im Frühjahr liegt kaum Schnee auf dem Eis, weil die starken Winde den Schnee wegblasen. Eisdicke und Lichtdurchlässigkeit haben deshalb eine enorme Bedeutung für das Wachstum der Kieselalgen.