Neben der scheinbar innovativen Technik und den Versprechen von Seiten der SMR-Befürworter und der Hersteller der kleinen Atomkraftwerke gibt es einige Gutachten und Studien, die auf mögliche Gefahren und Probleme der Reaktoren hinweisen. So hat das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) im Jahr 2021 ein Gutachten vorgestellt, in dem das Öko-Institut Freiburg unter anderem die Sicherheitskonzepte moderner Kleinanlagen bewertet hat.
Nicht auf neue Technologien ausgelegt
Einer der zentralen Kritikpunkte des Öko-Instituts ist, dass die Anforderungen an die Unfall-Prävention derzeit hauptsächlich auf den Erfahrungen mit wassergekühlten Systemen beruhen. Demnach wurden die sogenannten probabilistischen Sicherheitsanalysen (PSA), in denen die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse errechnet werden, noch nicht ausreichend an Technologien wie Flüssigsalz- oder natriumgekühlte Reaktoren angepasst. Bestimmte Kenngrößen, die die Zuverlässigkeit der Systeme festlegen, müssten dem Gutachten zufolge neu bestimmt werden.
Auch die große benötigte Anzahl der Kleinreaktoren stellt laut Öko-Institut ein Problem dar. So sind moderne SMR-Konzepte zwar häufig weniger komplex, was die Bandbreite der negativen Ereignisse verringert, durch die schiere Masse an potenziellen Standorten steigt die Gefahr eines Unfalls aber wieder an. Relativ zur produzierten Menge an elektrischer Leistung steigt das Risiko der Atomreaktoren sogar.
Hersteller versprechen zu viel
Nach Ansicht des Öko-Instituts entsprechen auch andere Ansichten der SMR-Hersteller nicht der Realität. Dazu gehört, dass die geringe Menge an radioaktivem Material und die passiven Sicherheitskonzepte dazu führen sollen, dass bei einem Unfall nur ein sehr kleiner Bereich betroffen wäre. Laut dem BASE-Gutachten könne die Kontamination im Ernstfall allerdings weit über das Anlagengelände hinausreichen.
Auch bei Hochtemperaturreaktoren, die mit einer Wasserkühlung arbeiten, teilt das Institut nicht die Meinung der Hersteller. Letztere wollen in ihren Modellen auf ein aufwändiges Containment verzichten, und den Brennstoff stattdessen mit einer Schutzhülle aus Siliciumcarbid und Kohlenstoff versehen. Durch diese kann laut Öko-Institut allerdings schon bei Temperaturen unterhalb der Versagensgrenze von etwa 1.600 Grad Celsius radioaktive Isotope diffundieren. Im Falle eines Störfalls könne demnach nicht garantiert werden, dass keine Radioaktivität freigesetzt wird.
„Garantien“ reichen nicht aus
Auch die selbstregulierenden Eigenschaften von schnellen Brütern und Flüssigsalzreaktoren sind nach Ansicht des Gutachtens nicht ausreichend. Zwar sorgt beispielsweise bei Anlagen mit schnellen Neutronen rein physikalisch betrachtet eine erhöhte Temperatur für einen niedrigeren Reaktivitätskoeffizienten, wodurch die Kernschmelze ausgeschlossen wird. Ein zweites, unabhängiges Abschaltsystem sollte nach Ansicht des Öko-Instituts trotzdem vorgeschrieben werden.
Hier besteht demnach auch eine Haftungsfrage: Wer ist für die Schäden verantwortlich, wenn in einem laut Hersteller autark sicheren Kraftwerk etwas schiefläuft? Aktuell wird beispielsweise eine Deckungsvorsorge der Betreiber diskutiert, die in diesem Fall die Schäden abdeckt. Auch passive Sicherheitskonzepte liefern laut Gutachten keine Garantie. So können beispielsweise äußere Einflüsse die Systeme beschädigen und so ihre Funktionalität einschränken. Deshalb empfehlen die Experten immer eine zweite Sicherheitsstufe.
Kleinere Reaktoren – weniger Müll?
Neben den Problemen, die Atomkraftwerke während ihrer Laufzeit hervorrufen können, fällt letztlich auch bei SMRs Atommüll an. Eine Studie der Stanford University ist im Jahr 2022 der Frage nachgegangen, ob die kleinere Bauart auch zu weniger radioaktivem Abfall führt. Das Ergebnis: Das Gegenteil ist der Fall. Zwar liefern die einzelnen Reaktoren weniger Atommüll, bezogen auf die produzierte Energie steigt die Menge aber um ein Vielfaches.
Neben der erhöhten Masse an verbrauchtem Brennstoff gegenüber einem herkömmlichen Druckwasserreaktor entstehen bei den Kleinkraftwerken auch deutlich mehr Bausubstanzen, die radioaktiv verseucht sind. Dazu gehören unter anderem Stahl- und Betonkonstruktionen, aber auch Schutzschilde und Reflektoren aus Graphit. Bei den schnellen Brütern sieht es besonders übel aus. Das gesamte Natrium, das als Kühlmittel eingesetzt wird, muss endgelagert werden.
Ein weiteres Problem hierbei: Die Zusammensetzung des SMR-Atommülls entspricht nicht der eines großen Kernkraftwerks. Der Anteil an Uran-235 und Plutonium ist stattdessen so hoch, dass die radioaktiven Stoffe in den gängigen Castoren eine kritische Masse erreichen könnten und so die Reaktion wieder aufflammt.