Was ist das?: Es liegt rund 460 Lichtjahre von der Erde entfernt, wiegt rund fünf bis zehn Jupitermassen und umkreist seinen Zentralstern in einem Abstand von 3,6 Milliarden Kilometern, dies entspricht etwa der Entfernung des Saturn von der Sonne. Normalerweise wäre die Antwort auf diese Frage eindeutig und einhellig: ganz klar, ein Exoplanet.
Doch im Falle des Objekts, das um 2MASS J044144 kreist, gibt es ein Problem, wie ein Team von Astronomen im April 2010 feststellen musste. Die Forscher hatten mit Hilfe des Hubble Weltraumteleskops und des Gemini Observatoriums 32 Braune Zwerge in der Sternenbildungsregion Taurus im Sternbild Stier näher untersucht. Um den Braunen Zwerg 2MASS J044144 entdeckten sie die Signatur eines Begleiters, der alle Anforderungen eines Exoplaneten zu erfüllen schien. Nichts ungewöhnliches, da sich Braune Zwerge inzwischen schon häufiger als Mittelpunkt eines Planetensystems entpuppt hatten.
Zu jung für „übliche“ Planetenbildung
Doch die Analysen der Bilddaten enthüllten, dass der Braune Zwerg erst eine Million Jahre alt ist – und daher auch sein Begleiter nicht älter sein kann. Das ist für ein kosmisches Objekt gerade mal Säuglingsalter – und viel zu wenig Zeit für das übliche Szenario der Planetenbildung in einer Akkretionsscheibe. Selbst die „Überholspur“, durch die manche Gasplaneten entstehen, der Kollaps eines Gasklumpens in der Staubscheibe, scheidet in diesem Falle aus. In der Umgebung des Braunen Zwergs ist dafür zu wenig Staub und Gas vorhanden.
Damit bleibt auch in diesem Falle, wie schon bei AB Pictoris B, nur die dritte Möglichkeit, die Bildung „auf Sternenart“: gemeinsam mit dem Zentralstern des Systems. Wie bei Doppelsternen üblich hätte sich dann die „Urwolke“ in der Sternenwiege zunächst in zwei Teile geteilt und wäre dann durch Gravitationskollaps zu zwei getrennten stellaren Objekten umgewandelt worden – in 2MASS J044144 und seinen Begleiter.
Sternenbildung im Vierer-Pack?
Tatsächlich gibt es nach Ansicht der Astronomen ein weiteres Indiz dafür, dass sich dies so abgespielt haben könnte: Nahebei existiert ein weiteres Doppelsternsystem aus einem Roten und einem Braunen Zwerg. Nach Ansicht der Astronomen könnte sich dieses System gemeinsam mit dem untersuchten in einem einzigen Kollaps der Entstehungswolke gebildet haben.
„Die Konfiguration ähnelt sehr Quadrupel-Sternensystemen, was darauf hindeutet, dass alle seine Komponenten wie Sterne entstanden sind“, erklärt Kevin Luhman vom Zentrum für Exoplaneten der Penn State Universität. „Die interessanteste Implikation dieses Ergebnisses ist der Beleg, dass die Prozesse, die Doppelsterne entstehen lassen, bis in die Massenbereiche der Braunen Zwerge hinunterreichen. Es scheint, dass die Natur Begleiter von Planetengröße auf zwei unterschiedliche Weisen erzeugen kann.“
Rätselobjekt sprengt astronomische Definitionen und Grenzen
Sollte sich dies bestätigen, wäre der Begleiter von 2MASS J044144 gleich aus zwei Gründen eine astronomische Sensation: Zum einen wäre er wegen seiner Entstehung per Definition kein Planet, sondern ein Stern oder Brauner Zwerg – trotz seiner geringen Masse. Zum anderen aber wäre 2MASS J044144 damit der masseärmste Braune Zwerg, der bisher entdeckt worden ist. Mit seinen fünf bis zehn Jupitermassen liegt er weit unter den schwersten bekannten Exoplaneten wie XO-3b und auch weit unter der von der Internationalen Astronomischen Union definierten Untergrenze für Braune Zwerge von 13 Jupitermassen.
Damit ist klar: Die Realität hat alle bisherigen Definitionsversuche längst überholt. Heute scheint unklarer denn je, wo Planeten aufhören und Braune Zwerge anfangen oder umgekehrt.
Nadja Podbregar
Stand: 07.05.2010