Medizin

Klima-Experiment in Situ

Peking als Umwelt-Labor

Quasi in letzter Sekunde haben die Umwelt-Verantwortlichen in Peking zu radikalen Maßnahmen gegriffen, um die Luftverschmutzung in Grenzen zu halten. Anderthalb Wochen vor Beginn der Spiele wurden in ganz Peking rund 40 Millionen Blumenkübel aufgestellt. Außerdem legte man in den letzten Monaten insgesamt 12.000 Hektar Wiesen-, Wald- und Parkflächen an – ein Fläche von der Größe der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern.

Der große Emissions-Stopp

Klimatologe Ramanathan mit Mess-Flugzeugen © UC San Diego

Als gigantisches In-Situ-Experiment sehen internationale Umweltwissenschaftler dagegen eine weitere Order der chinesischen Regierung an. Seit 20. Juli sind knapp zwei Millionen der insgesamt 3,3 Millionen Fahrzeuge aus Peking und seiner Umgebung verbannt – ein solch umfangreiches Fahrverbot ist bisher weltweit einmalig. Dazu wurden Hunderte Fabriken und Betriebe dazu verpflichtet, ihren Betrieb während der Olympischen Spiele einzustellen, um chemische Emissionen zu vermeiden. Auch einige deutsche Firmen mussten die Produktion stoppen, um die Luftqualität zu verbessern.

Der US-amerikanische Klimatologe Veerabhadran Ramanathan von der Universität San Diego ist begeistert über die Möglichkeiten, die sich Wissenschaftlern durch diese Radikal-Abschaltung von Emissionen bieten.

Chance für Umweltforscher

„So etwas wurde nie zuvor gemacht. Das ist eine Riesenchance, unsere Forschung im Schnelldurchgang voranzutreiben“, so Ramanathan. Er hat sich auf so genannte „atmosphärische braune Wolken“ spezialisiert, Schmutzwolken, die vorwiegend aus Kohleruss-Partikeln und Wüstenstaub bestehen und die von China über Asien hinweg teilweise bis nach Kalifornien an der amerikanischen Westküste treiben.

„Als ich in einem Zeitungsartikel von den Plänen der chinesischen Regierung las, bin ich vom Stuhl gesprungen. Das war es, worauf ich gewartet habe. Ich dachte, Gott sei Dank, gibt es Olympia. Für mich ist das zehnmal besser als ein Lotteriegewinn.“

Ramanathan ist an einem internationalen Projekt beteiligt, das nur durch Olympia möglich wurde und untersucht, wie sich Strahlungswerte in Abhängigkeit von den großen Smog-Wolken ändern, wie die Wolken das Erhitzen der unteren Atmosphäre beeinflussen und wie sie Wolken überhaupt über so weiter Strecken transportiert werden.

Messungen vor, während und nach Olympia

Die Messungen der Luftqualität haben bereits vor dem Auto-Fahrverbot begonnen und finden während der Olympischen Spiele und danach statt. So erhalten die Wissenschaftler wichtige Vergleichswerte der Umweltbelastungen in China in Zeiten mit „normalem“ Smog und ohne.

Die Wissenschaftler schicken dazu unbemannte Flugzeuge in die Luft über China, und nutzen Daten von Satelliten und Messstationen am Boden.

Mediziner docken an Klima-Studie an

An das einmalige Umwelt-Experiment angeschlossen sind auch Mediziner wie Qinghua Sun vom College für Öffentliche Gesundheit an der Ohio State University. Gemeinsam mit chinesischen Kollegen wird er die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die menschliche Gesundheit untersuchen, besondern in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Sun wird Experimente an Mäusen und Menschen durchführen und besonders den Einfluss von Super-Feinstaub unter die Lupe nehmen, denn bisherige Untersuchungen deuten darauf hin, dass sie, zum Beispiel bei Diabetikern, das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen.

„Wir hoffen, dass China anhand unserer Daten einsieht, dass es dringend notwendig, den begonnenen Strategiewechsel bei seiner Umweltpolitik weiterzuführen,“ so Sun.

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Stand: 09.08.2008

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Olympische Spiele in China
Wie gesund ist Olympia für die Athleten?

„Grüne“ Spiele?
Chinas Kampf gegen den Smog

Klima-Experiment in Situ
Peking als Umwelt-Labor

Krisenstäbe und Handbücher für Olympia
Eine medizinische Herausforderung

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Vorsicht, Asthma-Gefahr

Klima killt den Kreislauf
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