Eines der vielen Forschungsthemen steht in diesem Polarjahr ganz oben: Das Klima. Denn das Polarjahr 2007/08 fällt in eine Zeit, in der der Klimawandel und seine möglichen Auswirkungen im Mittelpunkt des globalen Interesses stehen. Gerade erst hat der 2007 veröffentlichte Weltklimabericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) eindeutig bestätigt, dass der Mensch tatsächlich dabei ist, das Klima der Erde dramatisch zu verändern.
„Dass gerade jetzt eine der größten international koordinierten Forschungskampagnen in den Polargebieten stattfindet, ist eine einmalige Chance“, erklärt Professor Reinhard Dietrich, Vorsitzender der Deutschen Kommission für das Internationale Polarjahr. „Nur wenn wir das globale Klima verstehen, können wir gute Vorhersagen machen und uns auf mögliche Veränderungen angemessen vorbereiten.“
Schlüsselrolle für das globale Klima
Arktis und Antarktis nehmen im irdischen Klimasystem eine Schlüsselrolle ein: Schmilzt das Eis an den Polkappen, steigt der Meeresspiegel und große Küstengebiete werden unbewohnbar. Tauen die Dauerfrostgebiete, werden riesige Mengen des Klimagases Methan freigesetzt. Wie es um die Polargebiete bestellt ist, hat folglich unmittelbaren Einfluss auf unser Leben. Und genau in diesen Regionen zeigt sich der Klimawandel schon heute besonders deutlich: Nirgendwo auf der Welt steigen die Temperaturen deutlicher und schmilzt das Eis schneller. Die Klimaforscher des IPCC prognostizieren, dass die Arktis bis 2070 sogar fast vollständig eisfrei sein könnte.
Neue Daten des Satelliten Envisat der ESA zeigen, dass die Realität die Prognosen möglicherweise sogar noch überholen könnte: Denn im September 2007 war das Meereis des Nordpols um eine Millionen Quadratkilometer gegenüber dem Vorjahr geschrumpft – ein Rekordwert. „Die eisbedeckte Fläche ist auf nur noch drei Millionen Quadratkilometer geschrumpft”, erklärte Leif Toudal Pedersen vom dänischen Weltraumzentrum. Dies ist eine Reduktion, die die bisherigen jährlichen Schrumpfungsraten um das zehnfache übertrifft. „Diese starke Reduktion in nur einem Jahr ist auf jeden Fall ein Warnzeichen dafür, dass das Eis im Sommer sehr viel schneller verschwinden könnte als erwartet“, so Pedersen.
Nordwestpassaage eisfrei
Besonders deutlich wird der Eisverlust an der Nordwestpassage, einer Seeroute, die von der Ostküste Nordkanadas über das Eismeer bis zur Westküste des amerikanischen Kontinents führt. Die normalerweise durch das Meereis versperrte nördlichere Route durch die McClure Strait ist in diesem Jahr nahezu eisfrei. Und auch die Nordostpassage, die von Nordnorwegen durch das russische Eismeer bis nach Asien reicht, ist nur noch durch eine kurze Eisbarriere blockiert. Rein wirtschaftlich wäre eine Eisfreiheit dieser Routen ein großer Vorteil, da dann viele Schiffstransporte diese „Abkürzungen“ nehmen könnten, statt über weitaus längere südlichere Routen fahren zu müssen. Doch aus klimatischer Sicht bedeutet offenes Meer auf diesen Routen ein weiteres, sehr deutliches Alarmzeichen.
Stand: 21.09.2007