Die Warnungen der Klimaforscher vor den Folgen der Erwärmung sind längst nichts Neues mehr: Im Gegenteil. Seit Jahren schon flattern ständig neue Schreckensmeldungen von zurückweichenden Gletschern, sterbenden Korallenriffen oder drohenden Dürren ins Haus. Bisher blieb dies allerdings ohne großen Widerhall in Politik und Wirtschaft – zumindest was die konkreten Handlungen anging.
Doch jetzt schlägt erstmals nicht etwa ein Naturwissenschaftler, sondern ein Wirtschaftsexperte Alarm: Sir Nicholas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, veröffentlichte kurz vor Beginn der Klimakonferenz eine Studie, in der er ein düsteres Bild für die wirtschaftliche Zukunft der Erde zeichnet, wenn nicht sofort in den Klimaschutz investiert wird.
Klimawandel kostet
Stern gilt nicht gerade als ein Mann der große Worte macht, doch seine jetzige Botschaft könnte nicht klarer sein: Wenn wir jetzt nichts tun, so das Fazit seines Reports, dann wird uns das in der Zukunft teuer zu stehen kommen. Nach Sterns Berechnungen könnte ein Nichthandeln („Business as usual“) die Welt sogar an den Rand eines ökonomischen Abgrunds führen, vergleichbar den großen Wirtschaftskrisen Anfang des 20. Jahrhunderts.
Der Bericht basiert zum einen auf einer umfangreichen Meta-Analyse existierender Studien zu den Kosten unterschiedlicher Technologien und Treibhausgas-Reduktionsmaßahmen. Gleichzeitig nutzt er aber auch Modelle, die die Auswirkungen des Klimawandels und eines Übergangs zu emissionsärmeren Systemen auf das globale Bruttoinlandsprodukt in ihrer Gesamtheit abzuschätzen versuchen.
Geht die Emission von Treibhausgasen so weiter wie bisher, so die Ergebnisse der Untersuchungen, dann könnten die Auswirkungen am Ende unseres Jahrhunderts zu einer Senkung der globalen Wirtschaftsleistung um fünf bis zwanzig Prozent führen. Ähnliche Schätzungen hatten 2005 auch bereits Modellrechnungen des deutschen Umweltbundesamts und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ergeben. Hier kamen die Forscher auf Klimaschäden in Höhe von mindestens zehn Prozent der Weltwirtschaftsleistung.
Folgen ungleich verteilt
Diese Einbußen wären möglicherweise vertretbar für die ohnehin reicheren Industrieländer, nicht aber für Menschen in Entwicklungsländern, die ohnehin bereits am oder unterhalb des Existenzminimums leben. Und diese werden ohnehin, darin sind sich alle Experten einig, die Hauptlast der Klimafolgen zu tragen haben. „Die Auswirkungen des Klimawandels sind nicht gleichmäßig verteilt – die ärmsten Länder und Völker trifft es als erste und am stärksten“, erklärt der Wirtschaftsexperte Stern.
"Vom Klimawandel sind besonders die Länder betroffen, die am wenigsten zu ihm beigetragen haben und die am wenigsten in der Lage sind, mit seinen Folgen umzugehen. In Nairobi müssen wir diesen Ländern helfen, die Folgen des Klimawandels besser zu bewältigen“, erklärte auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel am 6. November 2006, dem Eröffnungstag des Klimagipfels.
Zum einen haben diese Länder oft geographisch schon die schlechteren Karten: Sie liegen meist in wärmeren Gebieten, in denen die Niederschläge stark schwanken. Zum anderen sind viele Entwicklungsländer abhängig von Wirtschaftszweigen, die ganz besonders anfällig sind für Klimafolgen, wie zum Beispiel die Landwirtschaft. Kenia, das Land in dem zurzeit der Klimagipfel tagt, ist hierfür das beste Beispiel: Vor wenigen Monaten erst blieb in Ostafrika die Regenzeit aus. Die Folge: Ernten fielen aus, Vieh verdurstete und drei Millionen Menschen hungerten. Zukünftig könnten solche Dürren die Regel werden.
„Wir stehen in der realen Gefahr, dass die jüngsten Errungenschaften in der Armutsbekämpfung in den kommenden Dekaden wieder verloren gehen, vor allem für die ärmsten Gesellschaften auf dem afrikanischen Kontinent“, warnte daher auch Kivutha Kibwana, kenianischer Umweltminister und Präsident der Klimakonferenz bei seiner Eröffnungsrede in Nairobi.
Stand: 10.11.2006