So umstritten die Existenz des Königs David ist, so unklar sind auch die Ausmaße seines Reichs. Die Bibel beschreibt David als Herrscher über ein ausgedehntes Territorium, das südlich des Toten Meeres begann und sich im Norden bis ins heutige Libanon erstreckte.
Doch Archäologen streiten bis heute darüber, ob es im 10. Jahrhundert vor Christus ein solches vereintes Königreich Israel überhaupt gegeben hat. Denn ein Großteil von Davids biblischem Territorium war nach gängiger Lehrmeinung eher von vielen einzelnen lokalen Stämmen besiedelt. Viele Archäologen halten David daher, wenn es ihn überhaupt gab, bestenfalls für einen König eines dieser kleinen Stammesreiche.
Meggiddo und Co
Das Problem: Auch hier fehlt es an historischen Aufzeichnungen und eindeutig zuzuordnenden Funden. So soll der Bibel nach David die Städte Meggiddo, Hazor und Gezer eingenommen und ausgebaut haben. Und Ruinen zeugen davon, dass es dort einst tatsächlich befestigte und wohlhabende Städte gab. „Hazor ist wohlgeplant mit Befestigungen, Toren und gutgebauten Wohngebäuden“, berichtet Hazor-Grabungsleiter Amnon Ben-Tor von der Universität Jerusalem. „Das hätten Halbnomaden nicht leisten können.“
Doch ob diese Bauwerke aus Davids Zeit stammen, ist unklar. Denn in der Bronzezeit waren alle diese Städte zwar wichtige Zentren Kanaans, sie wurden aber noch vor Davids Zeit zerstört. Erst später wurden sie wiederaufgebaut – wann, ist umstritten. Während die Ruinen von Hazor für Ben-Tor aus dem zehnten Jahrhundert stammen, datieren andere Archäologen den Wiederaufbau dieser Städte auf die Zeit Salomos und seiner Nachfolger – und damit rund 100 Jahre nach einer möglichen Herrschaft Davids.
Die Festungsstadt Khirbet Qeiyafa
Doch weiter südlich, rund 30 Kilometer von Jerusalem entfernt, gibt es eine Stadt, die tatsächlich aus der Zeit Davids stammt: Khirbet Qeiyafa. Ausgrabungen seit 2008 enthüllten an einem Hang am Elah-Tal die Ruinen einer stark befestigten Stadt mit Stadtmauer, monumentalen Toren und einem Palastkomplex im Zentrum. Typisch sind zudem Wohnhäuser, die direkt innen an die Stadtmauer angebaut sind. Die Archäologen fanden Waffen, Keramiken, Metallobjekte und Unmengen an Tierknochen.
Datierungen nach stammen diese Relikte aus der Zeit um 1050 bis 970 vor Christus – und damit aus der Zeit Davids. „Dies ist das erste Mal, dass Archäologen in Juda eine befestigte Stadt aus der Zeit des Königs David entdeckt haben“, sagt Grabungsleiter Yosef Garfinkel von der Universität Jerusalem. „Selbst in Jerusalem gibt es keinen so eindeutigen Fund aus dieser Periode.“ Garfinkel schätzt, dass diese Stadt von rund 500 bis 600 Menschen bewohnt war – und dass sie ein militärischer Stützpunkt war. Denn direkt gegenüber von Khirbet Qeiyafa auf der anderen Talseite lag die Philisterstadt Gat – Heimat des legendären Goliath.
Gehörten die Bewohner zum Volk Davids?
Wer jedoch die Bewohner von Khirbet Qeiyafa waren und ob sie zum Reich Davids gehörten, ist – wieder einmal – umstritten. „Es ist keine Frage, dass dies ein wichtiger Ort ist, aber was es genau war, darüber herrscht Uneinigkeit“, sagt Aren Maeir von der Bar Ilan Universität, der die Ausgrabungen im benachbarten Gat leitet. Garfinkel und seine Kollegen allerdings sind sich relativ sicher, dass die Bewohner der Stadt weder Kanaaniter noch Philister waren.
Sie liefern dafür zwei Indizien: „Im Laufe der Jahre haben wir tausende von Tierknochen gefunden, darunter von Schafen, Ziegen und Rindern – aber keine Schweineknochen“, sagt Garfinkel. „Außerdem haben wir drei Kulträume entdeckt, in denen zwar verschiedene rituelle Objekte, aber keine Menschenfiguren gefunden wurden. Das deutet darauf hin, dass die Population von Khirbet Qeiyafa zwei biblische Tabus beachtete: das Verbot von Schweinefleisch und das Verbot menschlicher Darstellungen oder Götterbilder.“ Seiner Ansicht nach müssen die Bewohner der Stadt daher zu Juda gehört haben – und damit zum Volk Davids.
Nadja Podbregar
Stand: 25.05.2018