Als am 22. Mai 2001 das große Teleskop vom Cerro Tololo in den chilenischen Anden sein vier Meter großes »Auge« öffnete, stand dieses Supergerät kurz davor, erstmals das Licht eines der entferntesten Himmelskörper unseres Sonnensystems einzufangen.
Im Rahmen des so genannten Deep Ecliptic Survey, einer tiefen Durchmusterung der ekliptikalen Gegend des Himmels, stöberten die Astronomen James L. Elliot und Lawrence H. Wassermann an jenem Abend das Objekt 2001 KX76 aus der Düsternis auf. Was ein wenig nach der Bezeichnung für eine Mignon-Batterie klingt, ist in Wirklichkeit eine der größten Welten in den Gefilden jenseits von Neptun und misst nach den noch etwas unsicheren ersten Abschätzungen wahrscheinlich nahezu 1.300 Kilometer.
Ein ausgewachsener Asteroid – oder gar schon ein richtiger Planet? Lange Zeit glaubte die Fachwelt, dass sich dort draußen, in der von Pluto beherrschten Einsamkeit, ansonsten nicht gerade viel abspielt. Andere planetare Objekte, die jenseits der Neptunbahn um die Sonne kreisen, kannten die Astronomen eben nicht. Etliche Kometen mochte es dort schon noch geben, wohl so ziemlich das Einzige, was in solchen Fernen herumlungerte. Keine Frage, schon länger kursierte auch die Hypothese von der Oortschen Wolke, einem gigantischen Kometenreservoir, das unser Sonnensystem in Form einer mächtigen Kugelschale umgibt. Doch dieses Reservoir befindet sich bereits in interstellaren Distanzen, gut tausendmal weiter entfernt als Pluto.
Schon in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aber sprach der niederländisch-amerikanische Planetenforscher Gerald Peter Kuiper von einer zweiten Aufenthaltszone dieser kosmischen Wanderer, einer Zone, die direkt hinter Neptun beginnen sollte. In den 1980-er Jahren schlossen dann vier andere Astronomen aus der Bahnverteilung von kurzperiodischen Kometen ebenfalls auf jenes eher ringförmige, abgeflachte Reservoir im transneptunischen Bereich des Sonnensystems.
Es sollte aber noch Jahrzehnte dauern, bis das erste Objekt dieses »Kuiper-Gürtels« (»Kuiper Belt«) gefunden wurde. 1988 starteten die bekannten Astronomen David Jewitt und Jane Luu ein gezielte Suche und fanden dann endlich im August 1992 vom Mauna-Kea-Observatorium aus den ersten Brocken, 1992 QB1. Und der entpuppte sich als verblüffend groß – rund 300 Kilometer. Dieses Kaliber sprach kaum mehr für einen Kometen, viel eher schon für einen Kleinplaneten.
Bald folgten Entdeckungen ähnlich großer transneptunischer Objekte (TNOs). Einige dieser TNOs sind sogar Transplutos, denn sie bewegen sich dauernd außerhalb der Plutobahn, wie zum Beispiel 1996TL66, der sich bis zu 135 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt, wobei eine solche Einheit der mittleren Distanz zwischen unserer Erde und ihrem Heimatgestirn entspricht.
Stand: 26.09.2001