Die Chancen sind nicht gleich verteilt – das gilt nicht nur zu unserer Lebenszeit, sondern auch für unsere Überreste. Denn einige Relikte könnten durchaus 100 Millionen Jahre als Fossilien erhalten bleiben, aber dies ist bei einigen von uns wahrscheinlicher als bei anderen: „Will man in diesem Lottospiel als Sieger hervorgehen, sollte man sich keiner Tippgemeinschaft in der Schweiz oder in Nepal anschließen“, erklärt Zalasiewicz. „Die Sieger in diesem Spiel leben eher in den Niederlanden oder an der Elfenbeinküste.“
Küstenstädte mit „Potenzial“
Denn entscheidend für das Überdauern der menschlichen Fossilien ist die Lage unseres Lebensraums: Befindet er sich in einer Zone starker Erosion, wie beispielweise einer Hochebene oder dem Gebirge, dann wird die Schicht, in der unsere Überreste liegen und mit ihr unsere Knochen schon in wenigen Jahrtausenden abgetragen und in alle Winde verstreut sein. Anders dagegen in den flachen Küstengebieten, die immer wieder durch Überschwemmungen geprägt sind: Hier ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie mit steigendem Meeresspiegel überflutet und so zu Meeresgrund werden. Hier überwiegt meist die Sedimentation gegenüber der Erosion. Die Chancen stehen damit nicht schlecht, dass sich im Laufe der Zeit eine schützende Decke aus Ablagerungen über unseren Relikten bildet. Das Potenzial für eine erfolgreiche, langfristige Fossilisation ist daher hoch.
Katastrophe als „Chance“
Optimal – nur aus Sicht des Geologen natürlich – wäre es, wenn eine Sturmflut, Schlammlawine oder ein Aschenregen eine Stadt schnell und ohne große Vorwarnung unter sich begraben würde. Der „Vorteil“ dabei, wie Zalasiewicz reichlich makaber ausführt: Eine Bestattung im Sarg verhindert ein direktes Umlagern der Leiche mit Sediment und damit eine gute Konservierung. Anders dagegen bei den Opfern der Naturereignisse, die dicht vom Schlamm oder der Asche umschlossen werden.
Zudem wären unsere Überreste bei einer plötzlichen Katastrophe an Ort und Stelle konserviert – und würden ähnlich wie die Relikte der Bewohner von Pompeji einiges über die Lebenswelt verraten. Diese antike Stadt wurde durch den Ausbruch des Vulkans Vesuv im Jahr 79 n.Chr. mit einer bis zu 25 Meter dicken Schicht aus Asche und Bimssteinstaub bedeckt. Die feinkörnigen Ablagerungen bedeuteten zwar den Tod für die Menschen, für heutige Geologen und Anthropologen hinterließen sie jedoch einen wahren Schatz: detailreiche Abdrücke im Gestein – sowohl von den Bewohnern als auch von ihren Alltagsgegenständen.
Die Wahrscheinlichkeit für solche Katastrophen steigt gegenwärtig, denn die Bevölkerungsexplosion sorgt dafür, dass auch potenziell durch solche Naturereignisse gefährdete Gebiete immer stärker und dichter besiedelt werden.
Nadja Podbregar
Stand: 04.12.2009