Eine geowissenschaftliche Schlüsselerkenntnis der letzten Jahre ist, dass die Vorgänge entlang der Plattengrenzen einen weit über diese Nahtstellen hinaus reichenden Einfluss haben: Die Prozesse an den nur rund 100 Kilometer breiten Rift- und Subduktionszonen können die Bewegung ganzer Erdplatten mit Dimensionen von mehreren tausend Kilometern kontrollieren.

Tektonische Kettenreaktion
Inzwischen haben Geoforscher einige weitere Beispiele für „tektonische Turbos“ und die weitreichenden Auswirkungen lokaler geologischer Ereignisse identifiziert. So löste ein Mantelplume unter Madagaskar vor rund 105 Millionen Jahren eine tektonische Kettenreaktion aus, durch die eine neue Subduktionszone entstand, die vom Ostrand Afrikas bis zum Südrand Eurasiens reichte. Sie beschleunigte die Drift und Rotation der Afrikanischen Platte und beeinflusste dadurch auch die weitere Entwicklung des Mittelmeeres, wie Forschende im Jahr 2022 feststellten.
Zentrales Werkzeug für die Geowissenschaftler ist bei solchen Studien die computerbasierte Modellierung, mit der geodynamische Prozesse im kleinsten Maßstab von weniger als einem Zentimeter mit großräumigen Prozessen auf mehr als 30.00 Kilometer Ausdehnung verbunden werden können. Mithilfe der numerischen Modelle lassen sich die erhobenen Datensätze und die tieferliegenden geodynamischen Prozesse in einem umfassenden Kontext verstehen.
Schmiermittel der Kontinentdrift
Ein weiterer Faktor, der die Kontinentwanderung beschleunigen kann, sind Sedimente, wie Stephan Sobolev vom Deutschen GeoForschungsZentrum und Michael Brown von der University of Maryland im Jahr 2019 herausfanden. Den Anstoß dafür brachte eine Beobachtung an Subduktionszonen: Je mehr Sediment die Gräben entlang dieser Plattengrenzen enthalten, desto reibungsloser und schneller scheint dort die Plattenbewegung zu verlaufen.