Hinter dem Wortungetüm Infrastrukturplanungs- beschleunigungsgesetz versteckt sich eine Richtlinie, die die Offshore-Winenergie in Deutschland aus ihrem Dornröschen-Schlaf wecken und einen entscheidenden Anreiz zum Bau von Offshore-Windparks geben soll.
Die am 17. Dezember 2006 nach langem Streit zwischen den Bundesländern in Kraft getretene Regelung erklärt die Netzanbindung von Offshore-Windparks von jetzt an bis Ende 2011 zur Aufgabe der Netzbetreiber. Sie müssen einerseits die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass jede Kilowattstunde Strom aus Offshore-Windenergie ins Netz eingespeichert werden kann. Andererseits haben sie auch die – nicht unerheblichen – Kosten dafür zu tragen.
Was auf den ersten Blick wie ein vom Gesetzgeber geschaffenes Privileg für die Windbranche wirkt, sorgt eigentlich nur für Chancengleichheit. Denn bei konventionellen Kraftwerken ist diese Vorgehensweise längst Standard. Die Kosten für den Bau der Windenergieanlagen, die parkinterne Verkabelung und das notwendige Umspannwerk auf dem Meer tragen ohnehin weiter die Besitzer der Anlagen.
Ein Drittel weniger Kosten
Netzbetreiber wie E.ON müssen laut der neuen Regelung keine Gewinneinbußen befürchten. Denn sie können laut der Richtlinie die ihnen entstehenden Kosten über das Netzentgelt an den Verbraucher weiter geben. Was dabei an Mehrbelastungen auf die privaten Haushalte zukommt, ist aber vermutlich minimal. Nach Berechnungen des Bundesverbands Windenergie (BWE) wird der Preis für eine Kilowattstunde Strom gerade mal um 0,009 Cent steigen.
Während es sich bei den Kosten für die Stromnutzer also um „Peanuts“ handelt, sparen die Betreiber der Windparks durch das neue Gesetz ordentlich: zwischen 15 und 30 Prozent der Bausumme fallen dadurch auf einen Schlag weg. So manches Projekt, das wegen einer noch wackeligen Finanzierung zu Scheitern droht, könnte auf diesem Wege doch noch Realität werden.
Erdkabel statt Freileitungen
Standort: perfekt! Anlagen: vom Feinsten und Modernsten. Genehmigungen: alle vorhanden. Was aber nutzt ein leistungsfähiger und leistungsbereiter Windpark auf dem Meer, wenn an Land die Voraussetzungen fehlen, um den Strom ins Netz einzuspeisen?
Sollte die Offshore-Windenergie in Zukunft tatsächlich boomen, sind die Netzkapazitäten und die Netzanschlusspunkte in Deutschland der limitierende Faktor. Bis diese auf den notwendigen Stand gebracht worden sind, um die auf Dauer zu erwartenden gewaltigen Energiemengen aufnehmen zu können, kann es noch Jahre dauern.
Doch auch hier bietet das „Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben“ wie es im amtsdeutsch heißt erste Hilfestellungen. So können in Küstennähe an Land für den dringend notwenigen Ausbau des Hochspannungsnetzes Erdkabel verwendet werden. Störende Freileitungen mit langen Genehmigungsverfahren werden so vermieden.
Startschuss für die Offshore-Windenergie in Deutschland
„Der Bundesrat hat heute den Startschuss für die Offshore-Windenergie in Deutschland gegeben. Die deutsche Windkraftindustrie wird damit in Nord- und Ostsee ein Schaufenster für eine exportfähige Technologie bekommen. Die Netzbetreiber müssen die Möglichkeiten, die ihnen das Gesetz zum Netzausbau bietet, allerdings schnell in die Tat umsetzen.“, kommentierte deshalb BWE-Geschäftsführer Ralf Bischof das neue Gesetz.
Positiv waren auch die Reaktionen aus der Windenergiebranche. „Bis 2011 werden meiner Einschätzung nach 1.500 Megawatt ans Netz gehen können, hierfür werden fünf Kabel gebaut werden müssen.“, so Professor Fritz Vahrenholt, Vorstandsvorsitzenden der REpower Systems AG, einem der führenden Herstellern von Windenergieanlagen.
„Nachdem Politik und Hersteller ihre Hausaufgaben weitgehend erledigt haben, sind jetzt Investoren, Energieversorger, aber auch Banken und Versicherungen gefragt, diese Entwicklung zum Erfolg zu bringen.“, ergänzte Vahrenholt im Dezember 2006 auf der Maritimen Konferenz in Hamburg.
Stand: 20.04.2007