Trotz aller Debatten über die Existenz von eindeutigen Vorläufersignalen herrscht bei vielen Erdbebenforschern Einigkeit über zwei Annahmen: Wenn es warnende Anzeichen geben sollte, werden sie unauffällig sein, denn alle vermeintlich eindeutigen sind bereits ausgiebig erforscht worden, und sie werden sich in Anomalien im Spannungsverlauf des Gesteins ausdrücken.
Wenn das Gestein kriecht
Forscher des US Geological Survey und der Stanford University fanden 1997 bei der Auswertung seismischer Daten von verschiedenen Erdbeben Hinweise auf eine schleichend langsame Gesteinsbewegung jeweils kurz vor dem Beginn der Beben. Bereits in den achtziger Jahren hatte James Dietrich, heute Leiter der Abteilung Erdbebengefährdung in der USGS, dieses Phänomen mathematisch beschrieben und „premonitory creep“ getauft. Im Labor zeigte ein durchgeteilter Granitblock, dessen zwei Hälften unter hohem Druck gegeneinandergepresst wurden, kurz vor dem Entstehen der Miniaturbrüche ebenfalls diese Kriechbewegung.
Direkt im Freiland belegt wurde eine solches Kriechen erstmals im kalifornischen San Juan Bautista. Dort hatten Dehnungsmesser im August 1997 ein ungewöhnliches Kriechen des Gesteins von nur einem Bruchteil eines Millimeters registriert – unmittelbar über der Stelle, an der rund eine Woche später ein Beben der Stärke 5,1 auf der Richter Skala auftrat. Ob es sich dabei jedoch wirklich um das Phänomen des „premonitory creep“ gehandelt haben könnte, ist allerdings nicht klar.
Laser decken Untergrundbewegungen auf
Am ehesten Aufschluss über die schleichenden Verformungen, die in der Folge der Bewegungen der tektonischen Platten gegeneinander auftreten, geben genaue Vermessungsmethoden. Auf dem Versuchsfeld im kalifornischen Parkfield werden bereits seit geraumer Zeit die Bewegungen der Gesteinsformationen entlang des San Andreas Grabens und angrenzender Störungen mit Hilfe modernster Lasertechnik registriert.