Ein rötlichgelber fast bläulich leuchtender Feuerball schwebt wenige Meter über dem Boden. Ist es ein Ufo? Vielleicht eine optische Täuschung? Oder gar ein Kugelblitz? Nur wenige Sekunden nach dem Auftauchen der geheimnisvollen Erscheinung endet der Spuk mit einem lauten Knall. Augenzeugen berichten, dass sich die Feuerkugeln andernorts heimlich, still und leise auflösen. Zurück bleibt meist nur eine kleine, nach Schwefel riechende Nebelwolke und die Frage: Was war das nur?
Kugelblitze gehören zu den noch ungelösten Phänomenen dieser Welt. Viele Legenden ranken sich um die bloße Existenz und Entstehung der durchschnittlich zehn bis 40 Zentimeter großen Lichterscheinungen. Aus Mangel an wissenschaftlichen Beweisen und aussagekräftigen Fotos stützen sich die meisten Theorien auf Augenzeugenberichte.
Kugelblitze treten danach vorwiegend während Gewittern auf. Ihre Entstehung steht dabei scheinbar im direkten Zusammenhang zu Erdblitzen. Diese Beobachtung unterstützt auch den Erklärungsversuch eines Physikers aus England. Während eines Gewitters auf einer Party sichtete dieser einen Kugelblitz, nachdem kurz zuvor ein Blitz ganz in der Nähe einschlug. Auch andere Partygäste sahen einen Feuerball, doch lokalisierten sie ihn an anderer Stelle.
Was ist real?
Gab es an diesem Abend vielleicht gar mehrere Kugelblitz-Erscheinungen an ein und dem selben Ort? Kaum denkbar, denn für den Physiker sind die Leuchterscheinungen nichts anderes als eine optische Fehlinterpretation unseres Gehirns. Beobachten wir bei einem Gewitter einen Blitzschlag, wirken starke elektromagnetische Impulse, die sogenannten „magnetischen Phosphen“, auf unsere Gehirntätigkeit ein. Kugelblitze sind demnach möglicherweise nichts anderes, als das bloße Nachleuchten im Auge des Betrachters.
Eine andere Theorie zweifelt dagegen die Existenz von Kugelblitzen nicht an. Sie favorisiert die Idee, dass die Feuerbälle an Kreuzpunkten von Blitzen aus deren konzentrierten, elektrischen Entladungen entstehen. Auch die Hypothese, nach der radioaktive Weltraumstrahlung von den elektrischen Feldern eines Gewitters so konzentriert werden könnte, dass an gewissen Stellen eine dauerhafte Entladung in Form eines Kugelblitzes stattfindet, wäre nach Meinung mancher Wissenschaftler denkbar. Dies könnte die wandernden Bewegungen der Kugelblitze und ihre scheinbare Affinität zu elektrischen Leitern und Telefonkabeln, an denen sie oft entlang wandern deuten. Aber wie lässt sich damit das Auftreten von Kugelblitzen in geschlossenen Gebäuden, sowie in metallisch abgeschirmten Flugzeugen erklären?
Des Rätsels Lösung?
Eine gängige Theorie, die sämtliche Phänomene und Begleiterscheinungen des Kugelblitzes hinreichend und plausibel erklärt, scheint es bis heute nicht zu geben.
Oder doch? Eine neuere Studie neuseeländischer Wissenschaftler vermutet, dass Kugelblitze nicht physikalischen, sondern chemischen Ursprungs sind.
Schlägt ein Blitz in den Erdboden ein – so die Forscher -, werden Mineralien durch die extrem heißen Temperaturen in kleinste Siliziumpartikel umgewandelt und verdampfen. Die nur wenige Nanometer großen Teilchen verketten sich und bilden filigrane Siliziumsphären, die sich automatisch zu einer Kugel zusammenfinden. Diese steigt mit dem Dampf nach oben. Das aufgespaltene Siliziumoxid verbrennt mit dem Luftsauerstoff und setzt Energie in Form von Licht frei. Die Leuchtkraft entspricht dabei ungefähr der eines Kugelblitzes. Ist der Schmelzpunkt der äußeren Schale aus Siliziumoxid erreicht, oxidiert das restliche Silizium schlagartig und der Kugelblitz explodiert.
Durch Fenster „Beamen“
Die neuseeländischen Forscher scheinen dem Phänomen Kugelblitz dicht auf der Spur zu sein. Denn auch das Durchdringen von Fensterscheiben lässt sich anhand ihrer Theorie plausibel erklären: Das Siliziumnetzwerk ist womöglich so flexibel, dass sich die winzigen Nanokugeln durch Risse und Spalten in Glasscheibe und Fensterrahmen hindurchquetschen. Auf der anderen Seite können sie sich wieder in Kugelgestalt formieren. Leider ist dieses „Beamen“ fester Materie bisher nur rein theoretisch möglich. Es bleibt abzuwarten, ob die Forscher ihre Theorie in die Tat umsetzen können.
Stand: 26.08.2003