Seine besondere Liaison zum Licht garantiert dem Glas auch einen Spitzenrang unter den Hightech-Materialien. Denn Licht gilt als der Informationsträger der Zukunft, und Glas ist das Medium, in dem die Photonen, die Lichtteilchen, transportiert werden. Wenn es um neue Rekorde beim Datentransfer geht, um größere Bandbreiten, um Terabits pro Sekunde, um Reichweiten, Laserpulse und Wellenlängen, dann ist die Rede auch von Glasfasern.
Licht ist zehn mal schneller als Strom. Glasfasern nutzen dieses Prinzip, denn Photonen sind auch in kilometerlangen Glasfaserleitungen noch annähernd mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs, ohne dass sie wie Elektronen im Kupferkabel durch hohen Widerstand ausgebremst würden. Zudem können unterschiedliche Wellenlängen des Lichts mit verschiedenen Informationen versehen und gleichzeitig versendet werden. Zehn Gigabit pro Sekunde lassen sich so in Glasfaser-Netzwerken bereits standardmäßig übertragen, 100 Terabit pro Sekunde nimmt man derzeit in Angriff. Das entspräche 1,2 Milliarden gleichzeitig geführten Telefongesprächen oder drei Milliarden Seiten Text, durch eine einzige Glasfaser versandt. Durch das hohe Übertragungstempo sind Glasfasern deshalb prädestiniert für den Transfer von Video-, Musik und Bilddaten. Und sie sind die Basistechnologie der Photonik, der Datenverarbeitung mithilfe des Lichts.
Leuchtfeuer im Kabelstrang
Das Prinzip der Glasfaser gleicht dem eines Leuchtturms: Ein Sender verschickt Lichtimpulse, ein Empfänger entschlüsselt die Signale. Informationsträger ist ein Lichtstrahl, der durch die Glasfaser geleitet wird. Der Sender, eine Leucht- oder Laserdiode, wandelt elektrische Signale in Licht um, und die empfangende Photodiode am anderen Ende dekodiert das Licht wieder in ein elektrisches Signal.
Jede einzelne Glasfaser hat etwa ein Drittel des Durchmessers eines menschlichen Haars. Sie besteht aus einem Kernglas und einem Mantelglas. An der Grenzfläche zwischen beiden wird der Lichtstrahl reflektiert. Er bewegt sich ohne Lichteinbuße im Zickzackkurs durch das Kabel und kann deshalb auch „um die Ecke“ leuchten. In einem Glasfaserkabel können Hunderte einzelner Glasfasern gebündelt werden, ohne dass sich die Lichtstrahlen behindern und Informationen verloren gehen. Dennoch wiegt ein Kabel von 500 Metern Länge nur 2,2 Kilogramm, ein gleich langes Kupferkabel ist 2.200 Kilogramm schwer.
Schwachstelle im System
Trotz all dieser Vorteile haben Glasfasern eine Schwachstelle: Abzweigungen oder die Verbindung zum nächsten Kabel, die so genannten Knoten. Elektronen in Kupfernetzen sind wenig anspruchsvoll, sie nehmen den Weg des geringsten Widerstands und können Kontaktstellen verschiedener Kabel deshalb leicht überwinden. Licht dagegen wird durch jede Luftblase oder jedes Staubkörnchen in der Glasfaser gestreut. Umso schwieriger ist es, die einzelnen Glasfasern so zusammenzufügen, dass alle Lichtstrahlen ohne Informationsverlust weiterlaufen. Um die Lichtimpulse sicher weiter- oder umzuleiten, ist deshalb ein optischer Schalter notwendig.
Schaltzentrale noch nicht ausgereift
Der ideale Schalter müsste als wahre Kommandozentrale fungieren. Er sollte in der Lage sein, Licht einer bestimmten Wellenlänge aus einem Lichtstrahl zu separieren, den Einzelstrahl zu vervielfachen, weiter- und umzuleiten oder direkt zum Empfänger zu schicken, um die Information vor Ort zu entschlüsseln. Als aussichtsreichste Kandidaten, um all diese Aufgaben zu beherrschen, gelten photonische Kristalle aus Glas, Quarz oder Kunststoff.
Sie sind aufgrund der Maschenweite ihres Molekülgitters dazu in der Lage, Licht einer bestimmten Wellenlänge passieren zu lassen und andere Wellenlängen zu eliminieren. Ließen sich mehrere Kristalle für unterschiedliches Licht zusammenschalten oder die Kristalleigenschaften gezielt verändern, wäre man dem „optischen Transistor“ einen Schritt näher. Obwohl es seit kurzem gelingt, Prototypen dieser Nanobauteile herzustellen, ist man von einer serienmäßigen Produktion für flächendeckende Glasfasernetzwerke noch weit entfernt.
Stand: 08.10.2004