Künftige Mondbewohner sind mit einer extremen und lebensgefährlichen Umgebung konfrontiert. Denn der Mond ist kein sehr gastlicher Ort – im Gegenteil. Es gibt keinen Sauerstoff, keine schützende Atmosphäre und auch kein Magnetfeld. Wer sich auf der Oberfläche aufhält, ist daher der harten kosmischen Strahlung, dem Sonnenwind und dem Bombardement durch Meteoriten schutzlos ausgesetzt. Gleichzeitig gibt es extreme Temperaturschwankungen: Scheint die Sonne, heizt sie alle Oberflächen auf bis zu 120 Grad auf. Im Schatten und in der Mondnacht dagegen fallen die Temperaturen bis auf frostige minus 170 Grad.
Die wichtigste Aufgabe einer Mondbasis ist es daher, Schutz vor diesen lebensfeindlichen Extremen zu bieten. Aber wie? Klar scheint, dass eine aufblasbare Kuppel, wie in der fiktiven Marsstation ds Buchs und Films „Der Marsianer“, auf dem Mond nicht ausreicht. Denn sie würde weder vor Strahlung noch Meteoriten genügend Schutz bieten. Sollen Astronauten längere Zeit sicher auf dem Mond leben, muss ihr Habitat dicke, stabile Wände besitzen.
Wohnen und Arbeiten in lunaren Lavahöhlen
Eine Möglichkeit wäre es, die Refugien zu nutzen, die der Mond von Natur aus bietet: Lavahöhlen. Diese unter der Mondoberfläche liegenden Hohlräume und Röhren wurden in der Frühzeit des Mondes von Strömen vulkanischer Lava geschaffen. Eine besonders große Lavahöhle liegt im lunaren Ozean der Stürme, wie Forscher 2017 entdeckten. Sie ist 50 Kilometer lang und bis zu einem Kilometer hoch und breit – groß genug für eine ganze Mondstadt. Den Zugang zur Oberfläche bietet ein rund 50 Meter großes Loch.
Noch besser geeignet wären allerdings Lavahöhlen im Polargebiet des Mondes. Denn dort gibt es Wassereis und damit mögliche Quellen für die Trinkwasser- und Treibstoffgewinnung der Astronauten. Eine Reihe potenziell geeigneter Standorte haben Wissenschaftler im Philolaus-Krater, einem rund 70 Kilometer großen Einschlagskrater auf 72 Grad nördlicher Breite entdeckt. Gleich mehrere dunkle Öffnungen im Kratergrund sprechen dafür, dass es auch hier Lavahöhlen geben könnte.
Mondziegel aus dem Sonnenofen
Eine andere Möglichkeit ist es, die benötigten Schutzwände einfach selbst zu bauen – aus Mondstaub. Am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln arbeiten Forscher bereits an einer Methode, den Regolith zu einer Art Mondziegeln zu brennen. Mithilfe von gebogenen Spiegeln konzentrieren sie dafür Sonnenlicht zu einem intensiven Strahl. Mit ihm heizen sie eine dünne Schicht eines Regolith-Analogs aus Vulkangranulat bis auf mehr als 1.000 Grad auf.
Die intensive Hitze führt zu einer Versinterung des Materials: Die Körnchen verkleben miteinander und bilden eine stabile Schicht. Wie mit einem 3D-Drucker können so Schicht für Schicht feste Bauteile aus Regolith hergestellt werden. „Die aktuelle Technik liefert uns bereits ein Material, das etwa so stabil ist wie Gips“, erklärt Sperl. Aber mit weiterer Optimierung sei es möglich, aus lunarem Regolith ein Baumaterial mit der Festigkeit von Beton zu erzeugen.
Noch benötigen die Forscher mit ihrem solaren 3D-Drucker allerdings rund fünf Stunden für einen einzigen Regolith-Baustein. Um ein Mondiglu mit einer Schutzschicht aus solchen Steinen zu bedecken, bräuchte man rund 10.000 Steine, schätzt Sperl. „Das würde Monate dauern“, so der DLR-Forscher. Beschleunigen ließe sich das allerdings, wenn man mehrere Sinteranlagen gleichzeitig auf der Mondoberfläche betreibt.
3D-Druck mit Regolith-Schlamm
Eine andere Technik verfolgen ESA-Forscher in Kooperation mit dem britischen Unternehmen Monolite. Dafür wird das Regolith-Analog erst mit einer Magnesiumoxid-Lösung zu einer Art Schlamm vermischt. „Das macht das Material druckbar“, erklärt Monolite-Gründer Enrico Dini. „Um daraus eine ‚Tinte‘ für feste Strukturen zu machen, fügen wir ein bindendes Salz hinzu, dass das Material zu einem steinartigen Feststoff härtet.“
Mit dieser Methode können die Forscher zwei Meter Material in der Stunde ausdrucken und fertigstellen. „Unser Design der nächsten Generation sollte 3,50 Meter die Stunde erreichen, dann könnte man ein ganzes Gebäude in einer Woche fertigstellen“, sagt Dini. Jeder der Bausteine wiegt 1,5 Tonnen und besteht aus dem von Hohlräumen durchzogenen Regolithmaterial. Ob die Konstruktionstechnik allerdings auch im Vakuum des Mondes und bei dessen extremen Temperaturschwankungen funktioniert, muss noch getestet werden.
Iglu nach Vorbild der Kettenkurve
Auch wenn über das Baumaterial noch nicht endgültig entschieden ist: Ein Design für die künftige ESA-Mondbasis gibt es bereits. Entworfen hat es der britische Stararchitekt Norman Foster mit seinem Team. Um den Mondhäusern maximale Stabilität zu verleihen, folgt ihre Form dem mathematisch-physikalischen Prinzip der Kettenkurve. Diese parabel-ähnliche Kurve folgt dem Weg der geringsten Energie und macht Bögen besonders stabil.
Die Mondhäuser ähneln dadurch eher Iglus als irdischen Gebäuden. Ähnlich wie diese bestehen sie aus einer Kombination von Röhren und Kuppeln. Konstruiert werden diese Mond-Iglus auf Basis einer aufblasbaren Innenhülle. Sie bildet die Schablone, die nun nach und nach durch Roboter von außen mit Regolithbausteinen bedeckt wird. Jedes Mondhaus soll Platz für vier Astronauten bieten und sie vor Strahlung, Meteoriten und Temperaturschwankungen schützen.