Anthropogeographie

Leben in der Tiefe

Mit "Lightpipes" kommt das Tageslicht in den Untergrund

Eine Möglichkeit dem steigenden Flächenbedarf zu entsprechen, wird in der Zukunft der Bau von Städten im Untergrund sein. Beispiele wie die historischen unterirdischen Städte der Türkei und die Underground City in Montreal zeigen, dass solche Gedanken keineswegs abwegig sind.

Modell einer unterirdischen Stadt © GSTT

In Kappadokien im mittleren Süden der Türkei baute man schon vor Christi Geburt groß angelegte unterirdische Städte. Der vorherrschende weiche und poröse Tuffstein konnte auch mit primitiven Werkzeugen gut bearbeitet werden. Die entstandenen Anlagen sind dennoch wahre Meisterwerke der Architektur. In der größten bisher gefundenen Stadt Derinkuyu wurden 13 Stockwerke freigelegt. Schätzungsweise 20.000 Menschen lebten in der mit Wohnhäusern, Werkstätten, Ställen, Klöstern und Kirchen ausgestatteten Siedlung.

Auch in der Gegenwart gibt es in vielen Städten Leben unter der Erde, meist in Form von U-Bahnen mit angegliederten kleineren Geschäftspassagen. In Montreal ist fast die gesamte Downtown unterkellert. Auf 30 Kilometern Länge befinden sich etwa 1.600 Geschäfte und 200 Restaurants in den unterirdischen Passagen. Sie sind unter der Erde mit 10.000 Parkplätzen, der Metro und 62 Gebäuden der City verbunden. Hierher flüchten Einwohner und Touristen vor den arktischen Temperaturen im Winter.

Mit den technischen und baulichen Entwicklungen der Zukunft werden vermutlich auch die hochindustrialisierten Städte unter die Erde verschwinden. Auf mehreren Ebenen werden wir dann leben, arbeiten und einkaufen. Viele Stockwerke tief fahren Autos und Züge in Röhren. Die Containerfracht wird über „Cargo Caps“ als Rohrpost verschickt – ein System, welches an der Ruhr-Universität Bochum entwickelt wurde und bereits im nächsten Jahr auf einer drei Kilometer langen Strecke getestet wird. Und die schon vorhandene Technik läßt noch viel mehr zu. Über sogenannte „Lightpipes“, Röhren ausgelegt mit hochreflektierenden Prismenfolien, wird Tageslicht in den Untergrund geleitet. Dies ermöglicht sogar unterirdisches Pflanzenwachstum. Für das Heizsystem könnte Erdwärme nutzbar gemacht werden, die über ein neuartiges System nicht die Luft sondern die Wände erwärmt. Über den Strahlungsaustausch wird der Raum angenehm und energiesparend beheizt. Die Kläranlage greift das Naturprinzip Boden auf. Mikroorganismen reinigen zukünftig die Abwässer.

Unterirdische Städte sind mit heutiger und kommender Technik machbar und zählen damit zu den konkreten Utopien für die Zukunft der Stadt.

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Stand: 26.09.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Die Stadt der Zukunft
Zwischen Ökologie und technischer Vision

Wird die Stadt zur Region?
Der Abschied von der "traditionellen" Stadt

"Wir treten in ein Jahrtausend der Städte"
Sichern Technologie und Nachhaltigkeit die Zukunft der Stadt?

Kann Stadtentwicklung ökologisch sein?
Städtebau und das Ziel, nachhaltig zu leben

Mehr, als nur Holzhäuser bauen
Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung

Die autofreie Stadt
Einschränkung der Mobilität oder Wiederbelebung der Stadt?

Die Ökosiedlung Vauban
Sieht so die ökologische Stadt der Zukunft aus?

Autos gehen in die Luft
Wie mit neuer Technik der zunehmende Verkehr bewältigt wird

Die vernetzte Stadt
Über die Allgegenwärtigkeit des Internets und die Folgen für die Stadt

Die überwachte Stadt
Auf dem Weg in eine gläserne Zukunft

Unser Leben im Jahr 2085
Wohnen auf dem Mond und virtuelle Welten

Leben in der Tiefe
Mit "Lightpipes" kommt das Tageslicht in den Untergrund

Dreihunderttausend auf drei Quadratmeilen
Orville Simpson plant die Stadt im Hochhaus

Es geht noch höher
Was Japan für die Zukunft plant

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Mega-Cities - Fehlentwicklung oder Modell für das 21. Jahrhundert?