Um weitestgehend beschwerdefrei leben zu können, müssen sich MCS-Kranke ihre eigene, schadstofffreie Welt schaffen. Da Therapien versagen und ein „normales“ Leben nicht mehr möglich ist, bleibt der Rückzug in die Abgeschiedenheit für sie oftmals die einzige Überlebensstrategie.
In Deutschland sind es bereits einige Tausend, die völlig abgeschottet von der Außenwelt leben: In entlegenden Gegenden, in Häusern mit karger Einrichtung, mit Möbeln aus Metall und Glas, die minimale chemische Ausdünstungen freisetzen. Das gesamte Lebensumfeld ist chemikalienfrei gestaltet: Nahrungsmittel dürfen keine chemischen Zusätze wie Geschmacksverstärker, Farb- und Konservierungsstoffe enthalten, die Kleidung muss mehrmals biologisch gereinigt und vor dem Tragen tagelang gelüftet werden, selbst Bücher oder Zeitschriften müssen sich einer derartigen Lüftungsprozedur unterziehen.
Auch in den USA sind nach Schätzungen bereits einige zehntausend Menschen auf diese Weise ans Haus gefesselt. Sie können keiner Arbeit und keinem normalen Leben mehr nachgehen. Nicht jeder von ihnen kann sich jedoch ein eigenes Spezialhaus leisten, viele leben daher abgeschieden in Zelten oder Hütten.
Der Fall Cindy Duehring
Der bislang schwerste und bekannteste Fall von multipler Chemikalienunverträglichkeit ist der der Amerikanerin Cindy Duehring. Nach der Behandlung ihrer Wohnung und Kleidung mit einem Flohbekämpfungsmittel erlitt die damalige Medizinstudentin 1985 einen Chemikalienschock, der sie zu einem Leben in völliger Isolation zwang und nach 14-jähriger Leidenszeit schließlich zum Tod führte.