Dass der britische Paläontologe Richard Owen den ersten Sauropoden zunächst fälschlicherweise als Meerestier identifizierte, zeigt, wie unrealistisch es erschien, dass ein so riesiges Tier an Land gelebt haben könnte. Die Ungläubigkeit hielt an. Lebensrekonstruktionen zeigten Sauropoden auch noch lange Zeit nach Owens Klassifikation als Sumpftiere, teilweise bis zum Hals im Wasser stehend. Heute ist diese Vorstellung zwar überholt, aber: Dass so große Tiere sich an Land bewegten, stellte ihre Körper trotzdem vor allerlei Herausforderungen.
Probleme mit dem Gewicht
Allem voran wäre da das enorme Gewicht dieser Dinosaurier, das eine große Belastung für Knochen und Gelenke darstellte. Um eine Masse von mehr als zehn Afrikanischen Elefanten tragen zu können, waren Sauropoden vor allem auf ihre vier säulenartigen Beine angewiesen, die das Gewicht verteilten. Die Beingelenke wurden dabei vermutlich von dicken Knorpelkappen gestützt, während der größte Teil des Körpergewichts auf den Hinterbeinen ruhte.
Das führte dazu, dass die Zahl der Wirbel in dieser Gegend mit der Zeit zunahm, um den Körper besser stützen zu können. Frühe Sauropoden hatte grade einmal drei Sakralwirbel, ihre schwergewichtigen Nachfahren fünf bis sechs. Ebenfalls typisch für Sauropoden: verlängerte Stiele der Wirbelbögen. Über eine Reihe biomechanischer Prozesse führte diese Anpassung dazu, dass auf den einzelnen Wirbeln weniger Gewicht lastete.
Ein weiteres entlastendes Merkmale waren die weichen, dicken Fersenpolster der Sauropoden, ähnlich wie bei modernen Elefanten. Das Polster schützte die Zehenknochen, indem es ihnen einen Großteil der Gewichtslast abnahm. Die Leichtbauweise einiger Knochen und ein Atemsystem bestehend aus Luftsäcken sorgten ebenfalls für eine Gewichtsreduktion und ermöglichten es den Riesen, ihr eigenes Gewicht an Land zu tragen.
Effektive Blutpumpe
Bei Sauropoden mit aufrechten Hälsen stellt sich außerdem die Frage nach dem Blutdruck. Ihr Blut musste bis zu 13 Meter senkrecht in die Höhe gepumpt werden, um das Gehirn der Sauropoden zu erreichen. Doch wie war das möglich? Es gibt verschiedene Hypothesen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Eine schlägt zum Beispiel vor, dass Sauropoden außergewöhnlich große Herzen hatten oder sogar mehrere „normal“ große Herzen über die Länge des Halses verteilt. Eine Studie aus dem Jahr 2016 von Forschern um Stephan Hughes von der Queensland University of Technology hält die sogenannte „Siphon-Hypothese“ für am wahrscheinlichsten.
Die Hypothese sagt aus, dass Blut, das den Hals hinunterfließt, gleichzeitig den Blutfluss nach oben unterstützt. Um das zu testen, rekonstruierten die Wissenschaftler den Blutkreislauf eines Sauropoden mit 15 Meter langen Schläuchen. Ein Schlauch stellte eine Arterie dar, die Blut vom Herzen ins Gehirn pumpt, und ein zweiter Schlauch eine Vene, die Blut vom Gehirn zurück ins Herz befördert. Und tatsächlich: Die beiden Schläuche beeinflussten sich gegenseitig. Das in der Arterie aufsteigende Blut glich das in der Vene absteigende Blut aus.
Um vom Herzen zum Hirn zu gelangen, musste das Blut dadurch nicht mehr die Schwerkraft, sondern nur noch den Gefäßwiderstand überwinden. In Modellrechnungen stellte das Forschungsteam fest, dass Sauropoden mit Siphon-Effekt einen Blutdruck in der Größenordnung heutiger Giraffen gehabt haben könnten. Damit hätten sie ihr Gehirn auch noch in 13 Metern Höhe ausreichend mit Blut versorgen können.
Ein zweites Gehirn?
Ist das Gehirn ausreichend mit Blut versorgt, kann es seine Hauptaufgabe optimal erfüllen: Den riesigen Körper steuern. Lange Zeit hielt sich die Hypothese, dass Sauropoden dafür zusätzlich ein „zweites Gehirn“ in der Region des Kreuzbeins hatten. Doch der vergrößerte Neuralkanal, der als solches interpretiert wurde, war vermutlich mit etwas anderem gefüllt: mit einem Glykogenspeicher, wie ihn auch moderne Vögel aufweisen. Dessen Funktion ist jedoch bislang unbekannt. Außerdem könnten in dieser Region Nerven verlaufen sein, die vom Rückenmark zu den Beinen führten.
Statt eines zweiten Gehirns hatten die großen Pflanzenfresser vermutlich einfach extrem lange Nervenzellfortsätze. Ähnliches ist auch bei modernen Blauwalen bekannt, deren Nervenzellen auf stolze 30 Meter Länge geschätzt werden. Bei Sauropoden könnte es laut verschiedenen Studien ähnlich gewesen sein.
Frischluft durch Vogellunge
Eine weitere Herausforderung, die Sauropoden überwinden mussten, war die Atmung. Der lange Weg durch den meterlangen Hals behinderte den Luftaustausch. Bis die Luft in der Lunge angekommen war, wäre sie längst nicht mehr frisch. Ein ähnliches Problem tritt bei uns Menschen auf, wenn wir schnorcheln gehen. Der Schnorchel verlängert künstlich die Luftröhre, was dazu führen kann, dass zu wenig Frischluft in unserer Lunge ankommt. Dieses Problem lösten Sauropoden mit einem vogelähnlichen Atmungssystem.
Die großen Luftsäcke in der Körperhöhle der Tiere verringerten nicht nur ihr Gewicht, sondern ermöglichten ihnen auch eine effiziente Atmung. Im Laufe der Sauropoden-Evolution wurde das System aus Luftsäcken immer größer und verzweigter. Die am weitesten entwickelten Sauropoden hatten längst nicht mehr nur Luftsäcke im Halsbereich, sondern bis hinein in die Schwanzwirbel. Das versorgte das Gewebe mit ausreichend Sauerstoff und verringerte gleichzeitig die Energie, die Sauropoden fürs Atmen aufbringen mussten.
Integrierte Kühlung
Das Luftsack-System hatte einen weiteren Vorteil: Es bewahrte die großen Tiere vermutlich vor dem Überhitzen. Mittlerweile ist nämlich klar: Sauropoden waren warmblütig. Ein warmblütiges Tier dieser Größe hat allerdings das Problem, dass seine Stoffwechselvorgänge im XXL-Format extrem viel Wärme erzeugen. Gelingt es dem Tier nicht, diese wieder loszuwerden, überhitzt es. Um dem vorzubeugen, setzen moderne Elefanten zum Beispiel ihre großen Ohren ein. Diese vergrößern die Körperoberfläche der Dickhäuter und leiten Hitze aus dem Körper in die Umwelt ab.
Bei Sauropoden könnten ihre langen Hälse eine ähnliche Funktion erfüllt haben, wie einige Wissenschaftler vermuten. Die großen Luftsäcke hätten dabei von besonderer Bedeutung sein können, da sie die innere Oberfläche der Tiere vergrößerten und so beim Ausatmen zusätzlich Wärme hinaus beförderten. Das ermöglichte Sauropoden vermutlich einen integrierten Kühlmechanismus.