Der Nil ist nicht nur die Lebensader der Wüstenstaaten Ägypten und Sudan, er ist auch der längste Fluss der Erde. Mehr als 5600 Kilometer lang schlängelt sich sein fruchtbares Band von seinen Quellen im Herzen Afrikas bis zu seiner Mündung im Mittelmeer. Dabei durchfließt er schneebedeckte Gebirgslandschaften ebenso wie ausgedehnte Seen- und Sumpfgebiete und, auf einem Großteil seiner Reise, karge Wüstenlandschaften.
Auf seiner Reise transportiert er große Mengen fruchtbaren Schlamms, die er – vor dem Bau der Staudämme – bei seinen jährlichen Überschwemmungen auf die Felder und Flächen entlang seines Flussbettes verteilte. Über die Jahrhunderte hinweg bildeten diese Ablagerungen die Grundlage für die Landwirtschaft im Niltal. Der vom Nil produzierte fruchtbare Boden reicht dabei bis zu 20 Kilometer weit ins Land hinein. Erst diese regelmäßige Bewässerung und Düngung gleichermaßen ermöglichten es, dass sich Menschen dort ansiedeln konnten und vor rund 4000 Jahren eine der ersten Hochkulturen der Menschheit ihren Anfang nahm.
Für die Ägypter bestimmte der Fluss nicht nur den Jahresablauf von Säen und ernten, die Nord-Südachse des großen Flusses beeinflusste auch geographisch ihre Weltsicht: Das Wort flussaufwärts stand gleichzeitig für Süden und flussabwärts war gleichbedeutend mit Norden. Der Fluss bildete ihre Hauptverkehrsweg, von der Mündung am Mittelmeer bis nach Khartum im Süden segelten ihre Handels- und Kriegsflotten.
Prägende Mündung
Auch der heutige Begriff des Flussdeltas geht auf den Nil zurück: Die Form der Nilmündung erinnerte die Griechen der Antike an das große „D“ ihres Alphabets, daher prägten sie den Begriff Delta für die Mündung. Das weite und fruchtbare Mündungsgebiet des Nils beginnt heute bei den Städten Kairo und Gizeh im Süden und reicht von Alexandria im Westen fast bis zum Suezkanal im Osten. Im Laufe der Zeit hat sich besonders in diesem Bereich der Flussverlauf stark verändert. Die ursprünglich rund ein halbes Dutzend Nebenarme des Nils setzten sich durch Sedimente zu, so dass heute nur noch zwei größere erhalten geblieben sind. Dadurch teilt sich der Nil nördlich von Kairo in den westlichen Rosetta-Arm und den östlichen Damietta-Arm.
Flussaufwärts folgten vor dem Bau des Assuan-Staudamms eine Reihe von Schluchten und sechs Stromschnellen. Die ersten beiden dieser im südlichen Ägypten und nördlichen Sudan gelegenen Katarakte sind heute allerdings teilweise vom durch den Damm entstandenen Nasser-Stausee überdeckt. Die dritte bis sechste Stromschnelle blieben erhalten, sie unterbrechen den Flusslauf in fast regelmäßigen Abständen bis kurz vor Khartum.
Stromschnellen versperrten den Weg
Dort mündet auch der letzte große Quellfluss des Nil, der Atbara. Er entspringt im Hochland Äthiopiens. Bei Khartum selbst vereinigen sich die beiden Hauptzuflüsse des Nils, der blaue und der weiße Nil. Während die Wasser des blauen Nil in einem weiten Bogen aus dem östlich gelegenen äthiopischen Hochland stammt, setzt der weiße Nil fast gerade der Nord-Südrichtung des Unterlaufs fort. Kurz nach der Passage des ausgedehnten Sumpfgebiets des Sudd im Südsudan teilt sich der Nil flussaufwärts erneut. Vom Osten kommt der aus dem Viktoriasee stammende Viktoria-Nil und vereinigt sich am Albertsee mit dem aus dem Gebiet des Tanganjikasees stammenden Quellfluss.
Die Stromschnellen im Unterlauf und die verschiedenen Zu- und Quellflüsse waren es, die lange Zeit dafür sorgten, dass die Quellen des Nils im Verborgenen blieben….
Stand: 11.03.2005