Schon seit langem ist bekannt, dass Sport nicht nur die Muskeln stählt, sondern auch dem Gehirn hilft: Regelmäßige Bewegung ist ein wesentlicher Faktor, um das Gehirn gesund zu halten. Wenn wir uns aktiv bewegen, können sich sogar neue Gehirnzellen bilden. Das wiederum macht das Gehirn belastungsfähiger. Aber Sport allein reicht als Maßnahme nicht aus, um uns dauerhaft eine geistige Reserve zu verschaffen.
Hirnforscher am Salk Institut in den USA haben gezeigt, dass neugeborene Hirnzellen länger bestehen bleiben, wenn Lernen stattgefunden hat. Daher ist es besonders problematisch, wenn Kleinkinder und ältere Menschen unter relativ reizarmen Bedingungen leben: Ihr Gehirn baut im wahrsten Sinne des Wortes ab. Betroffen sind vor allem jene Kleinkinder, die häufig nur den Fernseher als Unterhaltungs- und Bildungsquelle haben, und manche ältere Menschen in Pflegeheimen.
Geselligkeit und Abwechslung hält geistig fit
Die Bochumer Forscher Tanja Novkovic und Arne Buschler haben am Beispiel von Mäusen untersucht, welche Auswirkung ein durch eine abwechslungsreiche Umwelt bereichertes Leben haben kann. Sie verglichen die Lernleistung von Mäusen, die in einem Käfig voller Röhren, Nester Laufräder und unbekannter Objekte lebten mit denen von Tieren in kargen Standardkäfigen. Es zeigte sich, dass sowohl die synaptische Plastizität als auch das Lernen besser werden, wenn die Nager täglich eine neue Umgebung erforschen konnten oder wenn ihnen Spielzeug zur Verfügung stand. Die Auswirkungen waren noch stärker, wenn die Tiere in Gesellschaft lebten – spielen und erkunden unter Freunden ist effektiver.
Diese und andere Befunde stützen die Hypothese eines geistigen Puffers: Die Vorstellung, dass intensives mentales Training geistige Reserven schafft. Nachweislich sind Menschen, die sich ein Leben lang intellektuell und geistig fit halten, zu einer höheren geistigen und kognitiven Plastizität fähig. Ihr Gehirn kann sich besser an veränderte Bedingungen anpassen und auch den Niedergang von Gehirnzellen besser kompensieren. Geistig inaktive Menschen zeigen daher bei Alzheimer mehrere Jahre früher kognitive Ausfallerscheinungen und Gedächtnisstörungen als geistig aktive Personen.
Sich geistig fit halten, kann vermutlich nicht verhindern, an Demenz zu erkranken, wenn dies unser Schicksal ist. Durch eine erworbene höhere Flexibilität des Gehirns wird dieses aber mehr aushalten können, bevor sich die Krankheitssymptome manifestieren. Konkret bedeutet dies, Jahre an aktiver Lebenszeit zu gewinnen. „Use it or lose it“ – dies ist letztlich die Entscheidung.
Denise Manahan-Vaughan / RUBIN -das Wissenschaftsmagazin der RUhr-Universität Bochum
Stand: 20.04.2012