Neugierig schwimmt ein kleiner hungriger Fisch auf einen hüpfenden Lichtpunkt zu. Doch plötzlich tut sich vor ihm ein großer Schlund auf. Zu spät erkennt er, dass er einem Anglerfisch auf den Leim gegangen ist.
Wie viele Tiefseefische setzt auch der Anglerfisch Biolumineszenz als Köder ein, um Beute herbeizulocken. Schon sein Name verrät die Methode, mit der er seine Nahrung fängt. Auf seinem Kopf trägt er einen Auswuchs, an dessen Ende sich ein fleischiges Anhängsel befindet, das hin und her baumelt, und ein Lockmittel darstellt. Da die meisten Anglerfische in Tiefseezonen leben, in die kein Sonnenlicht mehr dringt, sind sie auf leuchtende Köder angewiesen. Doch der Anglerfisch selbst hat nicht die Fähigkeit zum Leuchten erworben. Er ist auf die Hilfe von leuchtenden Bakterien angewiesen, die sich in seinem Anhängsel angesiedelt haben. Der Fisch selbst hat dabei eine dunkle Färbung, die ihn vor Entdeckung durch seine Beutetiere schützt.
Ganz geschickt geht auch der Zigarrenhai vor. An seinem Bauch hat er einen kleinen leuchtenden Fleck in Form eines kleineren Fisches. Größere Arten wie Thunfisch oder Makrele halten diesen vorgetäuschten Fisch für aussichtsreiche Beute und nähern sich ahnungslos, ohne die dunklen Umrisse des lauernden Räubers zu bemerken. Wenn sie versuchen, das mögliche Opfer zu fressen, schlägt der Hai zu und verspeist sie stattdessen.
Üblicherweise strahlen alle lumineszierenden Meeresbewohner bläuliches Licht ab. Zum einen, weil dieser Wellenlängenbereich die größte Reichweite unter Wasser hat, zum anderen, weil die meisten Meeresbewohner nur dieses Licht sehen können. Denn ihnen fehlen die Pigmente, um andere Wellenlängen wahrzunehmen.
Jagd im Rotlicht-Milieu
Dies machen sich Fische der Malacosteid Familie zunutze, die sehr wohl in der Lage sind, rotes Licht auszusenden und auch zu erkennen. Der schwarze Drachenfisch beispielsweise spürt seine Beute mit Hilfe von rotem Scheinwerferlicht auf. Das verschafft ihm einen großen Vorteil in der Tiefsee, denn, obwohl das Licht nicht sehr weit reicht, kann er damit seine Beute sehen, ohne selbst von ihr entdeckt zu werden. Um das Rotlicht zu erzeugen, benutzen die Fische eine Kombination von Filtern und fluoreszierendem Material.
Zunächst hat das Licht, das in den Leuchtorganen erzeugt wird, eine kürzere Wellenlänge, wie bei anderen Tiefseefischen auch. Doch dann wird es von einem fluoreszierenden Pigment innerhalb des Leuchtorgans absorbiert und im langwelligen Bereich wieder abgestrahlt. Vor der Abgabe ins Meer, wird es noch mehrmals auf diese Art gefiltert, bis es eine Wellenlänge hat, die fast an den Infrarotbereich grenzt.
Auch um das Licht selbst wahrzunehmen, benötigt der Fisch eine besondere Anpassung. Der Tiefseefisch Aristostomias besitzt beispielsweise zusätzliche Pigmente, um dieses langwellige Licht sehen zu können. Drachenfische haben dagegen nur die üblichen Photorezeptoren, die blaues Licht erkennen. Wie also können sie ihre Beute im Rotlicht erspähen? Die Lösung des Problems heißt „reverse Fluoreszenz“. Ähnlich wie bei der Photosynthese der Pflanzen absorbiert zunächst ein Antennenpigment das langwellige Licht und überträgt es dann in Form von Energie auf die blaulichtempfindlichen optischen Pigmente. Auf diese Weise wandeln die Fische das Licht in einen Wellenlängenbereich um, der für sie sichtbar ist.
Auch der koloniebildende Tiefseepolyp Erenna nutzt Rotlicht zum Beutefang, wie der Meeresbiologe Steven Haddock und seine Mitarbeiter vom Forschungsinstitut des Monterey Bay Aquariums im Juli 2005 beobachtet haben. Bisher galt die Meinung, dass Staatsquallen Biolumineszenz nur zur Verteidigung, ähnlich wie Tintenfische einsetzen. Die Forscher fanden jedoch heraus, dass Erenna leuchtende Anhänge hat, die die Form von Ruderfußkrebsen haben. Damit gaukelt sie Fischen ihre natürliche Nahrung vor und verspeist sie, nachdem diese auf den Köder hereingefallen sind.
Rätselhaft ist für die Forscher allerdings noch, wieso die Staatsqualle zum Beutefang das nur selten wahrnehmbare Rotlicht benutzt. Sie vermuten nun, dass Rotlicht in der Tiefsee doch eine größere Rolle spielen könnte als bisher angenommen. Erenna lebt in einer Tiefe von 1.600 bis 2.300 Metern, wo Wirbeltiere nur selten vorkommen.
Stand: 30.08.2005