Die Ursachen des Polarlichts wurden erst relativ spät entdeckt. Lange Zeit vermutete man, daß die Leuchterscheinungen durch Streuung oder Spiegelung des Sonnenlichts an Wolken, Eiskristallen oder atmosphärischen Gasen entstehen. Erst im Zusammenhang mit der Erforschung der Kometen und dem Phänomen des Kometenschweifs kam man der Erklärung auf die Spur: Die Sonne strahlt nicht nur Licht und Wärme aus, von ihr geht auch ein unablässiger Strom elektrisch geladener Teilchen aus, der sognannte Sonnenwind.
Schon 1960 konnte die amerikanische Raumsonde „Mariner 2“ diesen Teilchenstrom aus Protonen und Elektronen nachweisen. Mit Geschwindigkeiten zwischen 300 und 800 Kilometern pro Sekunde schießen die geladenen Teilchen in hoher Dichte durch das All. Ein Hindernis von nur einem Quadratzentimeter Fläche würde innerhalb von einer Sekunde von über 100 Millionen Partikeln getroffen werden.
Schwachstelle im Magnetkäfig
Erreicht dieser Sonnenwind die Erde, dringen die Teilchen nicht zur Erdoberfläche durch, sondern werden vom Magnetfeld unseres Planeten abgelenkt. Die symmetrisch verlaufenden Magnetlinien schützen die Erde wie eine Art Faradayscher Käfig – allerdings nicht ganz vollständig. Denn an den Polen, wo die Feldlinien senkrecht zum Erdboden verlaufe, ist der Käfig geschwächt. Zudem wird das Magnetfeld durch die Wucht des Sonnenwindes verformt, auf der sonnenzugewandten Erdseite wird es zusammengestaucht. In der Nähe der beiden Pole brechen die Feldlinien dagegen auf und bilden eine Art Schweif hinter der Erde.
An diesen Stellen ist die Magnetospäre undicht und die geladenen Teilchen gelangen in die oberen Schichten der Atmosphäre, wo sie mit den Sauerstoff- und Stickstoffmolekülen der Luft kollidieren. Die dabei freiwerdende Energie wird als Licht unterschiedlicher Wellenlänge abgestrahlt – von Sauerstoffatomen als grünes und rotes, von Stickstoff als blaues und violettes Licht.
Sonnenstürme bringen Polarlichter auch zu uns
Obwohl das Polarlicht am häufigsten im „Polarlichtoval“ auftritt, kann es auch in Mitteleuropa beobachtet werden – statistisch gesehen mit einer Häufigkeit von ein bis drei Nächten im Jahr. Das geschieht dann, wenn sich durch Böen im Teilchenstrom des Sonnenwinds, zum Beispiel in Zeiten erhöhter Sonnenaktivität, das Magnetfeld der Erde noch stärker verformt und die geladenen Teilchen dadurch auch in gemäßigten Breiten in die Atmosphäre eindringen können.
Die dabei entstehende spezielle Aurora-Variante leuchtet meist rötlich und ist weniger deutlich konturiert wie das Polarlicht der höheren Breiten. Von den Menschen früherer Jahrhunderte konnten diese außergewöhnlichen, „blutrot“ strahlenden Erscheinungen am Himmel eigentlich nur als schlechtes Ohmen gedeutet werden.
Schwarze Aurora
Ein weiteres Phänomen, das bis heute die Wissenschaftler beschäftigt, ist die „schwarze Aurora“. Trotz dieser Bezeichnung ist sie nicht wirklich schwarz, sondern eher eine Art entgegengesetzter Polarlichtaktivität. Sie tritt meist etwa eine halbe Stunde nach einem besonders spektakulären Nordlicht auf – dann wenn die meisten Beobachter sich längst wieder ins Warme zurückgezogen haben.
Ned Rozell vom Geophysical Institute der Universität von Alaska in Fairbanks beschreibt die schwarze Aurora so: „Schwarze Wirbel ringeln sich quer über einen Polarlichtvorhang; schwarze Ringe, die aussehen wie dunkle Rauchringe heben sich vom hellen Lichtschleier ab; und schwarze Flecken bewegen sich wie gigantische Amöben durch ein Meer schwachen Lichtes“. Verursacht wird sie durch positv geladene Teilchen, die sich in genau entgegengesetzter Richtung wie die „normalen“ Partikel bewegen.
Wenn das Polarlicht singt….
Polarlichter sind übrigens keineswegs nur optische Phänomene: Immer wieder berichten Augenzeugen, sie hätten während eines Nordlichts auch Geräusche gehört. Für die Wissenschaftler ein Rätsel, denn die dünne Luft der Ionospäre, in der die Aurora entsteht, leitet keine Schallwellen und ist außerdem so weit von der Erdoberfläche entfernt, daß der Schall mehrer Minuten bräuchte, bis er von einem menschlichen Beobachter wahrgenommen werden könnte.
Einige vermuten, daß die Geräusche eigentlich durch elektrische Entladungen von Objekten am Erdboden hervorgerufen werden, die durch die elektromagnetischen Wellen des Polarlichts aufgeladen werden. Andere dagegen glauben, das Gehirn selbst sei für die Töne verantwortlich indem es die elektromagnetischenWellen der Aurora in Schall umwandle. Versuche, das Phänomen der „Sounds of the Aurora“ zu erklären gibt es viele, wissenschaftlich belegt ist bislang allerdings noch keine. Wissenschaftler der schwedischen Instituts für Weltraumphysik arbeiten allerdings daran.
Nadja Podbregar