Die Pioniere unter den SI-Einheiten sind der Meter und die Sekunde. Denn sie gehörten zu den ersten, die sich von schwankenden Bezugsgrößen lösten und stattdessen auf eine Naturkonstante zurückgeführt wurden.
Die Sekunde: Vom Kosmos ins Atom
Jahrtausendelang war die Grundlage aller Zeitmessung unser Planet selbst: Die Erdrotation bestimmte die Tageslänge und damit auch den Lebensrhythmus unserer Vorfahren. Als es um die Festlegung der Einheiten ging, lag es daher nahe, den Tag auch als Grundlage für die Zeiteinheit Sekunde zu nehmen. Wie vom Mathematiker Carl Friedrich Gauß vorgeschlagen, einigten sich die Mitglieder der Meterkonvention darauf, dass eine Sekunde als der 86.400. Teil eines mittleren Tages definiert sein sollte. 1960 verfeinerte man dies auf die sogenannte Ephemeridensekunde, die nicht mehr auf der Rotation, sondern der Bahnbewegung der Erde beruhte.
Doch dabei blieb es nicht lange. Denn noch während die Generalkonferenz für Maß und Gewicht in Paris über die Ephemeridensekunde debattierte, bahnte sich eine tiefgreifende Umwälzung in der Zeitmessung an: die Atomuhr. Mit ihr waren erstmals nicht mehr astronomische Faktoren der Zeitgeber, sondern Vorgänge im Inneren eines Atoms – sozusagen der Takt der Materiebausteine selbst.
Eine Atomuhr misst die Wellenlänge einer Strahlung, bei der eine Wolke ultrakalter Atome ihren Quantenzustand wechselt. Die Atome bekommen dann gerade so viel Energie, dass eines ihrer Elektronen auf eine höhere Bahn wechseln kann. Weil dieser Wechsel die Eigenschaften der Atome minimal verändert, kann man diesen Quantenübergang messen. Seit dem 13. Oktober 1967 ist eine Sekunde über den Übergang zwischen zwei Hyperfeinstrukturen des Grundzustands bei ultrakalten Cäsiumatomen definiert. Eine Sekunde ist demnach das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der Strahlung, die diesen Sprung bewirkt. Als Referenz dienen die Cäsium-Atomuhren der Metrologiebehörden.
Der Meter und die Lichtgeschwindigkeit
Bis vor 35 Jahren war ein Stab aus einer Platin-Iridium-Legierung die Basis für alle Längenmessungen weltweit – der Urmeter. Doch wie das Ur-Kilogramm hat auch dieses Referenzobjekt allmählich an Substanz verloren, außerdem schwankte die Länge je nach Temperatur. Schnell war daher klar: Eine orts- und zeitunabhängige Konstante muss her. Ab 1960 wählte man dafür das Licht. Die Generalkonferenz für Maß und Gewicht einigte sich damals darauf, das Vielfache der Wellenlänge des Lichts eines Kryptonlasers als Referenz zu nehmen. Der Meter war damit die erste Einheit, die auf einer atomaren Konstante beruhte – denn der Photonenübergang beim Kryptonatom gab die Wellenlänge vor.
Am 20. Oktober 1983 aber wurde diese Definition noch einmal geändert – und auf eine der grundlegendsten Naturkonstanten zurückgeführt: die Lichtgeschwindigkeit. Seit Albert Einstein wissen wir, dass sich elektromagnetische Strahlung im Vakuum immer mit der gleichen Geschwindigkeit ausbreitet. Daher bleibt auch die Zeit, die Licht für eine bestimmte Strecke benötigt, immer gleich – und das bildet die Grundlage für den modernen Meter: Ein Meter ist die Strecke, die Licht in einer 299.792.458stel Sekunde im Vakuum zurücklegt.
Bereits 1979 hatten die Metrologen auch das Candela, die SI-Einheit für die Lichtstärke neu definiert – auf der Basis von gleich vier kombinierten Naturkonstanten. Schon vor 30 Jahren waren damit drei SI-Einheiten über physikalische Naturgesetze definiert. Und der Rest?
Nadja Podbregar
Stand: 23.11.2018