Wohl kaum ein Vertreter der Spinnentiere hat ein so furchterregendes Äußeres und versetzt so viele Menschen in Panik wie die Walzenspinnen oder Solifugae. Diese mit rund 800 Arten umfangreiche Ordnung ist zwar bei uns kaum bekannt, kommt aber in fast allen subtropischen und tropischen Regionen der Erde vor, wobei Steppen, Wüsten und sonstige öde Landschaften bevorzugt werden.
Die weit verbreitete Furcht vor Walzenspinnen hat verschiedene Ursachen. Zum einen ist es sicher die Erscheinung der Solifugen mit ihren überaus zahlreichen, langen Sinneshaaren. Auch die mächtigen, nach vorne gerichteten Cheliceren, die teilweise länger sind als der ganze Vorderkörper, flößen einen gewissen Respekt ein. Fühlt sich eine Walzenspinne bedroht, nimmt sie zudem eine charakteristische Verteidigungsstellung ein. Sie biegt dann den stark gewölbten Vorderkörper aufwärts und streckt dem Angreifer ihre Cheliceren entgegen. Dabei reibt sie diese aneinander und gibt so ein lautes, fauchendes Geräusch von sich. Alleine diese Drohgebärde lässt die meisten Menschen auf dem Absatz umdrehen.
Walzenspinnen bewegen sich aber auch absolut lautlos und extrem schnell, so dass es kaum gelingt, eine zu fangen. Sie haben vor kaum einem Tier Angst und sind sehr aggressiv, das gilt insbesondere für befruchtete Weibchen. Dazu kommt ihre nächtliche Lebensweise: Die Tiere sind größtenteils nachtaktiv und haben die unangenehme Angewohnheit, in der Dunkelheit vom Licht angelockt in Zelte und Häuser einzudringen. Tagsüber verbergen sie sich die meiste Zeit in natürlichen Verstecken oder selbstgegrabenen Höhlen. Das hat ihnen auch ihren lateinischen Namen eingebracht, denn Solifuge bedeutet soviel wie „vor der Sonne fliehen“. All diese Eigenarten tragen dazu bei, dass diese Tiere überall wo sie auftauchen gefürchtet werden.
Im Mittelpunkt des Interesses hat aber immer die vermeintliche Giftigkeit der Tiere gestanden. In diesem Punkt jedoch ist die Furcht völlig unbegründet, da Walzenspinnen überhaupt keine Giftdrüsen besitzen. Der Biss ist eigentlich für den Menschen ungefährlich, kann aber trotzdem unangenehm schmerzhaft sein und stark blutende Wunden reißen – besonders bei den großen Exemplaren, die eine Länge von sieben Zentimetern erreichen können. Problematisch ist auch die Tatsache, dass die Mundwerkzeuge meist mit Nahrungsresten verunreinigt sind, was zu Sekundärinfektionen und Blutvergiftungen führen kann.
Ihre Beute überwältigen und töten die Walzenspinnen mit ihren Cheliceren. Dabei ernähren sie sich auch von Tieren, die viel größer sind als sie selber. Selbst Eidechsen und Frösche fallen diesen gefräßigen Räubern zum Opfer. Um sich die Beute einzuverleiben, haben die Walzenspinnen eine besondere Technik entwickelt: Indem sich die Kieferscheren fortlaufend öffnen und schließen und sich gleichzeitig alternierend vor und zurück bewegen, werden die Beutetiere von einem Körperende bis zum anderen durchgeknetet und zermalmt, bis am Ende nur noch ein formloser Klumpen übrigbleibt. Größere Tiere werden direkt in handliche Stücke zerlegt und dann zerfetzt. Den zerkleinerten Brei saugen die Walzenspinnen dann ein.
Die Solifugen orientieren sich wie viele Spinnen auch weniger optisch, sondern vielmehr mit Hilfe ihrer Tasthaare. Beim Laufen benutzen sie normalerweise nur die hinteren drei Beinpaare. Das vordere Paar wird genau wie die Pedipalpen zum Abtasten des Bodens und zum Erkunden der Umgebung benutzt. Dabei sind die Haare extrem empfindlich: Berührt man auch nur eines ganz vorsichtig, so fährt das Tier direkt herum und geht zum Angriff über.
Merkwürdige Gerüchte ranken sich um die Walzenspinnen. So werden sie im amerikanischen Sprachraum auch „hair-cutter“ genannt. Angeblich schneiden sie Menschen und Tieren mit ihren Kieferscheren Haare ab, um damit ihren Unterschlupf auszupolstern. Letztlich gehören diese Geschichten aber wohl ins Reich der Fabel, bewiesen wurde dieses Verhalten jedenfalls noch nicht.
Stand: 11.11.2005