Astronomen können das nahezu unsichtbare intergalaktische Gas in den kosmologischen Filamenten mit einem Trick dennoch beobachten. Denn der darin enthaltene Anteil an neutralem Wasserstoff absorbiert das Licht von dahinterliegenden hellen Objekten, beispielsweise von Quasaren. Zerlegt man das Licht dieser Quasare in seine spektralen Bestandteile, zeigen sich bestimmte Absorptionslinien in der sogenannten Lyman-Alpha-Linie des Spektrums. Sie stammen von den intergalaktischen Gas-Strukturen.
Linien im Spektrum verraten Gasfilamente
Anders gesagt: Da jedes dieser Filamente sich zusammen mit dem restlichen Kosmos ausdehnt, besitzt es je nach Entfernung zu uns eine eigene Rotverschiebung und Position im Spektrum. Die Absorptionssignaturen dieser Gas-Filamente erscheinen uns daher als ein ganzer „Wald“ von Absorptionslinien im Spektrum des Hintergrundobjekts. Astronomen haben diesen intergalaktischen „Lyman- Alpha-Wald“ zum ersten Mal in den 1960er-Jahren beobachtet. Aus der Häufigkeit der Linien im Spektrum und deren Stärke können sie abschätzen, wie viel gasförmige Materie sich in den kosmologischen Filamenten insgesamt befindet.
Spektren von sehr weit entfernten Quasaren zeigen, dass sich im frühen Universum – und damit bei hohen Rotverschiebungen – mehr als 95 Prozent der „normalen“ Materie in Form von Gas in den kosmologischen Filamenten befand. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich im Universum also erst wenig Sterne und Galaxien aus dem Gas gebildet. Im heutigen Universum – also in unserer komischen Nachbarschaft – hat sich der Anteil der baryonischen Materie im Lyman-Alpha-Wald hingegen auf etwa ein Drittel reduziert. Seltsamerweise wurde aber diese gegenüber der Frühzeit des Universums scheinbar fehlende Masse nicht in eine entsprechende Menge von Sterne und Galaxien umgewandelt.
Diese verblüffende Beobachtung führt zu einer einfachen Nachfrage: Wo sind die Baryonen aus dem Gas geblieben?
Philipp Richter /DFG-Forschung
Stand: 06.07.2012